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Kompetenzen des Rabbiners eng berührten. Man wollte
»ffenbar vor Anstellung eines Rabbiners erst diese schweben
Jen Fragen entschieden haben, um ihn nicht von vornherein
in eine schwierige Stellung zu bringen. Aber auch nach
Erledigung dieser Streitfragen beeilte man sich mit der
Besetzung der Rabbinerstelle nicht. Man stand eben
unmittelbar vor dem Synagogenbau, diesen wollte man erst
in Angriff nehmen und einigermassen fortschreiten lassen
dann sollte die Besetzung des Rabbinates durch Korre-
spondenzartikel bekannt gegeben werden,!) Nachdem ein
solcher Artikel in der Zeitung des Judentums vom 19. April
1870 erschienen war, erneute sich der Sturm auf die sehr
begehrte Stelle. Ueber 50 Bewerber traten auf, darunter
auch mehrere entschieden orthodoxe Rabbiner. Ueber
zwei Jahre lang hielt diese Kandidatur die Gemeinde und
ihre Vertreter in Aufregung. Von manchen Kandidaten
wurde mit Hochdruck gearbeitet, Einer derselben wandte
sich an die Allerhöchste Stelle um Verleihung des Rabbinates.
Durch den Magistrat gelangte die Abschrift des Gesuches
an die Gemeindeverwaltung. Der frühere Mecklenburgische
Staatsminister v. Bülow trat für einen anderen Kandidaten
durch Vermittlung eines Bundesratsmitgliedes als Fürsprecher
beim Kultusminister v. Lutz ein, der das Empfehlüngs-
schreiben v. Bülows an den Abgeordneten Franken-
burger?) mit der Bemerkung übersandte, dass das Kultus-
ministerium mit der Besetzung der Stelle nichts zu thun
habe und jeden Versuch einer Einmischung für übel an
gebracht halte. Es wird dem Abgeordneten Franken-
burger anheimgegeben, von dem Schreiben den ihm gut-
') Prot. vom 16. Januar 1870.
) Frankenburger war von 1869—89 Abgeordneter für
Nürnberg im bayerischen Landtage, von 1874—78 Reichstagabgeord
neter.