Volltext: Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs (2. Band)

Fünfter Abschnitt. Zusammenbruch und Neugestaltung. 895 
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Sparen angewiesenen Stadtadel die standesgemäfse Erziehung seines Nach- 
wuchses zu erleichtern, und wohl nichts bezeichnet den veränderten Cha- 
rakter des Patriziats deutlicher, als dafs die Regenten, welche es der Stadt 
lieferte, von nun an ihre Jünglingsjahre in einem weltentlegenen Land- 
städtchen zubringen mulsten, um sich dort mit Hilfe von Stiftungen und 
Stipendien eine mehr als kümmerliche gelehrte Bildung zu holen, während 
sie früher ihre entscheidenden Eindrücke inmitten des regsten geschäft- 
lichen Lebens an Welthandelsplätzen wie Venedig, Lyon, Lissabon und 
Antwerpen empfangen hatten. 
Die Schäden, welche diese Entwicklung für die Stadt im Gefolge 
haben mulste, liegen auf der Hand. Dafs die Thätigkeit der Ratsherren 
mehr und mehr ihren ehrenamtlichen Charakter einbüfste und sich in eine 
berufsmäfsig besoldete verwandelte, war noch das wenigste; denn Vorteile 
und Nachteile mögen sich in diesem Punkte ungefähr die Wage gehalten 
haben. Schlimm aber war es, dafs infolge der Exklusivität der Ehrbaren 
and ihrer geringen Vertrautheit mit den Bedürfnissen des praktischen 
Lebens, die Geschäftsführung je länger je mehr einem starren Bureau- 
kratismus anheimfiel, der schliefslich im Rate selbst jede Arbeitsfreudigkeit 
erstickte. Krgötzlich berichtet Mummenhoff über die sich von Geschlecht 
zu Geschlecht forterbenden Verhandlungen, zu denen unter anderem die 
schlechte Verwahrung des Stadtgrabens Anlafs gab!). Noch lehrreicher 
ist vielleicht das Schicksal des Finanzreformversuches,”) der mit grofsem 
Pomp im Jahre 1735 unternommen wurde. 
Die Losungstube befand sich damals wieder einmal in der höchsten 
Geldnot und auf ihre eindringlichen Vorstellungen fafste der Rat am 
24. Oktober den heroischen Entschlufs, es sollten sofort neue Einnahme- 
quellen geschaffen werden. Aber wie? Über diese Frage werden zunächst 
die Sondergutachten von elf rechtsverständigen Beiräten eingeholt. Sie 
bilden die Grundlage für eine Reihe von Obergutachten und Gegen- 
gutachten, die in Kommissionssitzungen verlesen und verglichen werden 
und nach zwei Jahren zu dem Ratsbeschlufs vom 16. August 1737 führen: 
man solle sämtliche zwanzig Finanzämter zum Bericht auffordern, wie 
ihre Einnahmen vermehrt und ihre Ausgaben vermindert werden könnten. 
Ehe diese Berichte einlaufen, vergeht natürlich einige Zeit. Um sie nütz- 
lich auszufüllen, fragt man bei den Räten von Augsburg und Ulm an, wie 
sie es mit der Besteuerung ihrer Bürger hielten. Beide antworten um- 
gehend: Augsburg teilt gewichtig mit, dafs seine Steuergesetzgebung auf 
1) Mummenhoff, Die Kettenstöcke und andere Sicherheitsmafsregeln im alten 
Nürnberg. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, XIII, 37 ff, 
2) Vergl. die Akten darüber Nbg. KA. S.I, L. 159, No. 7.
	        
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