Volltext: Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs (2. Band)

Fünfter Abschnitt. Zusammenbruch und Neugestaltung. 887 
bis tief in das sechzehnte Jahrhundert hinein der weiteste Spielraum ge- 
lassen, und da die auswärtigen Handelsbeziehungen der Bürger sich tausend- 
fältig mit fremden Interessen kreuzten, so waren gewaltsame Konflikte 
durchaus an der Tagesordnung. Diese persönlich auszufechten, lag im 
Sinne des Angegriffenen zumeist nicht; denn schon die Thatsache allein, 
dafs er einem Angriff ausgesetzt war, brachte ihm seine eigene Ohnmacht 
in der Regel deutlich genug zum Bewufstsein. Dagegen wurde es von 
der Gesamtheit der Bürger lebhaft als Pflicht empfunden, in solchen Fällen 
schützend und rächend für den Geschädigten einzutreten, um so mehr, als 
die fremden Gewalten allen Protesten zum Trotz einen Bürger für den 
andern verantwortlich zu machen pflegten, der einzelne also nur zu oft 
nicht als Individuum, sondern als Glied der Gemeinschaft zu leiden hatte. 
Jede Beeinträchtigung nürnbergischer Interessen durch eine auswärtige 
Macht, auch wenn sie sich zunächst nur gegen einen Privatmann richtete, 
galt daher ohne weiteres als öffentliche Angelegenheit und die Anstrengungen, 
welche nötig wurden, um derartigen Angriffen zu begegnen, fielen dem- 
entsprechend — von besonders gearteten Ausnahmen abgesehen — ganz 
der Stadt zur Last. Sie sind es, welche Inhalt, Umfang und Gepräge 
des reichsstädtischen Ausgabebudgets bestimmen. Sie erzeugen den ge- 
waltigen Geldaufwand für Stadtbefestigung und Kriegswesen, für Gesandt- 
schaften und Ehrungen, für den auswärtigen Nachrichten- und Sicherheits- 
dienst, für Ablösung fremder Hoheitsrechte und für territoriale Erwerbungen, 
und sie sind endlich auch die alleinige Ursache des lawinenartigen An- 
wachsens der städtischen Schuldzinsen. 
Die Fortschritte der staatlichen Organisation, welche sich im Laufe 
des sechzehnten Jahrhunderts anbahnen, die Befestigung der fürstlichen 
Gewalten und die Ausbildung der fränkischen Kreisverfassung bringen 
für Nürnberg in dieser Hinsicht keine dauernde Erleichterung. Sie machen 
zwar dem zerfahrenen Fehdewesen ein Ende, aber je mehr die Zahl der 
Mächte, mit welchen sich der Rat auseinanderzusetzen hat, abnimmt, um 
so gröfser wird die politische und militärische Kraft jeder einzelnen. Die 
durch den religiösen Zwiespalt bis zum äufsersten gesteigerte staatliche 
Rivalität stürzt die Stadt in das Elend des Dreifsigjährigen Krieges. Als 
dieser kaum überstanden ist, wird sie in den nun entbrennenden Kampf 
der Habsburger und‘ Bourbonen um die mitteleuropäische Hegemonie 
hineingerissen, in dessen welterem Verlaufe sie in solche Abhängigkeit 
vom Wiener Hofe gerät, dafs sie später für die Zwecke Österreichs wieder- 
holt auch da die schwersten Opfer bringen mufßs, wo sie ihren eigenen 
Interessen entgegengesetzt sind. 
So bleiben für die Entwicklung des nürnbergischen Ausgabeetats
	        
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