Volltext: In Memoriam Adolf Bartning

Erbprinzen, die um Mitternacht einsetzte, gar nichts ge- 
merkt habe. Sie sei erst durch vieles Laufen und Rennen 
aufgewacht, und dann erschreckt in die Höhe gefahren; 
man habe sie aber, wohl wegen ihrer Erregung, sofort 
gepackt und aus dem Zimmer hinausgebündelt. Es ist 
Tatsache, daß die Nähramme das Kind seitdem weder 
lebend noch tot mehr zu Gesicht bekommen hat; sie wurde 
im Lauf des Tages nicht wieder vorgelassen. Man hatte 
sie zu ihrem eigenen Kind geschickt, das sie mit nach 
Karlsruhe gebracht hatte. Am Nachmittag versuchte sie, 
bis zum Erbprinzen durchzudringen; das Zimmer war 
aber nach ihrer Schilderung von Hofdamen und Hof- 
schranzen so erfüllt, daß sie nicht bis zur Wiege kam und 
unverrichteter Dinge wieder abzog. Auch die Leiche hat 
man sie nicht sehen lassen. Unstreitig war sie diejenige, 
die am ersten den Unterschied zwischen dem Erbprinzen 
und einem untergeschobenen Kind entdeckt hätte. Die 
Mutter selbst war bei ihrem schwerkranken Zustand dazu 
gewiß nicht in der Lage, die Hebamme wahrscheinlich 
auch nicht. Die Nottaufe wurde in der Dämmerung voll- 
zogen, und ob gerade der Großherzog Karl und seine Hof- 
leute den richtigen Blick für die Identität des Kindes 
hatten, ist doch mindestens. zweifelhaft. Vorausgesetzt 
wird natürlich, daß sich das untergeschobene Kind nicht 
wesentlich von dem Prinzen unterschieden haben kann; 
Haar und Augenfarbe müssen ungefähr dieselben gewesen 
sein. Wenn Sie einwenden, daß das Gelingen einer solchen 
Tat ein sehr glücklicher Zufall gewesen wäre, gebe ich 
Ihnen vollkommen recht. Aber man kann doch einen 
leisen Verdacht nicht unterdrücken, daß die Nähramme, 
Frau Josepha Schindler, in jener entscheidenden Nacht- 
stunde, wo der Erbprinz plötzlich krank wurde, nicht 
natürlich geschlafen hat, sondern daß ein wenig nach-
	        
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