dachten, die Privatbeichte einzuführen, um die Gefahr zu ver-
meiden, dass das Sakrament an Unwürdige ausgeteilt werde.
Allgemein fand man diese Neuerung beschwerlich. Als ihn nun
der Rat am 4. April um die Herstellung der alten Sitte ersuchte,
trat Osiander hitzig für seine Ansicht ein. Die übrige Geist-
lichkeit, an der Spitze Link, widersprachen. Der Rat verbot
allen, über die Sache zu predigen und forderte von den Witten-
bergern und von Brentius am 8. April Gutachten ein 1), Aber
Osiander hatte sich bereits an den letzteren gewandt ?); er stellte
sich auf Osianders Seite. Das Gutachten Luthers dagegen, das
Ende April den Predigern mitgeteilt wurde %, erklärte beide
Formen der Absolution für christlich; denn auch die Predigt
sei im Grunde eine Absolution, die Vergebung der Sünden
durch den Glauben verkünde. Der Rat verbot vergebens den
Predigern, über die Sache zu reden, der Zank ging weiter und
zwar allein durch Osianders Schuld nach Spenglers Urteil, der
den Mann schon früher richtig beurteilt hatte. Als der Rat
ihm nach einer Predigt am 13. Juli am 15. sein Misfallen aus-
drückte, verbat er sich trotzig jede Einmischung. Endlich ver-
sprach er, drei Wochen lang zu schweigen, wenn seine Gegner
dasselbe thäten und ihre Gründe schriftlich einreichten. Spengler
hatte die höchste Anerkennung von seinem „Schönen Ingenium“,
aber er fürchtete, dass sein hoffärtiger Geist auch fernerhin
ainen grossen Lärm anrichten würde, wie er es dann auch in
Preussen gethan hat. Er empfahl Veit Dietrich, „dass ihm
Jlurch Luther in eimem Schreiben ernstlich am Zaum geritten
würde“, Er war mit der zu grossen Rücksicht des Rates gegen
den Mann nicht zufrieden *) und meinte, in Sachsen würde sein
ingenium nicht höher als die Wohlfahrt der Kirche geachtet werden.
Am 22, Sept. übergab Osiander dem Rate sein Bekenntnis
von der Schlüsselgewalt, das samt dem Gutachten der übrigen
Theologen mit einem Begleitschreiben Spenglers nach Witten-
berg ging 5).
Luther schrieb an Link wie an Osiander ®), mahnte zur
Versöhnlichkeit, lobte an beiden die Strenge der Gewissenüber-
zeugung und riet Osiander zu schweigen und die allgemeine
Absolution zu dulden, bis er in ruhigerer Stimmung besser über
die Sache handeln könne. In einem neuen Gutachten für den
Rat vom gleichen Datum (8. October) verteidigte er die allgemeine
Absolution. Er würdigte Osianders Einwand, dass das Ge-
*) An Luther, an Brentius, 8. April, Bb. 118. ?*) Osiander an
Brentius, 5. April, Möller, S. 178. *) Vom 18. April, de Wette, IV,
S. 444. ‘) An V. Dietrich, 9. August, Mayer. 5) Möller, S. 184.
) de Wette, 483. 485 480