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Obgleich der Rath noch nicht öffentlich gegen die kaiser—
lichen Mandate gehandelt hatte, Luthers Bücher vielmehr im
Oktober 1522 wiederholt verbieten ließ, auch in diesem Jahre
die Frohnleichnams-Prozession mit großem Pomp abgehalten
worden, und ohne Störung vorüber gegangen war, so trat
doch im nächsten Jahre, 1523, der päpstliche Orator, der
dem Reichstage beigewohnt, mit mannichfachen Klagen gegen
denselben auf, und verlangte, daß alle ihrem Kloster ent—
sprungenen Ordensleute, welche man, seiner Behauptung nach,
noch zur Zeit in der Stadt dulde, sowie die Prediger Dominicus
Sleupner bei St. Sebald, Andreas Osiander bei St Loren⸗
zen, Thomas Venatorius (Jäger) im neuen Spital, und
noch ein vierter im Augustiner-Kloster gefänglich eingezogen
und ernstlich bestraft würden, andern Städten im Reich zum
Exrempel.“
So besorgt nun auch der Rath über die Folgen dieser
Anklage, und einer Erklärung von seiner Seite auf dieselbe
sein mußte, so gab er doch nun muthig und offen eine solche
ab. Darin war angeführt, daß die Geschichten und Thaten
ihrer Vorfahren zeige, wie Nürnberg stets bereit gewesen, in
Angelegenheiten des Reichs und der Christenheit Gut und
Blut zum Opfer zu bringen; nicht Luthers, oder überhaupt
eines Menschen Lehre, wollten sie anhangen, sondern allein
dem heiligen Evangelium und Wort Gottes, in dem aller
Glaube, Trost und Seligkeit enthalten ist, und dabei ver—
mittelst göttlicher Gnade verharren bis an das Grab. Mit
nicht geringem Fleiß hätte der Rath nach geschickten christ—
lichen Predigern getrachtet, die Ehre Gottes und das Heil
ihrer Unterthanen durch Verkündigung des Worts Gottes
zu befördern, und es möchte vielleicht sein, daß jene Prediger
durch ihre Gegner unschuldiger Weise angeklagt worden seien,
denn Jeder derselben wäre bereit, seine Lehren zu verfechten
gegen Jedermann, die ja nicht heimlich in Winkeln, sondern
öffentlich auf der Kanzel vor allem Volk vorgetragen würden.
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