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Nunnenbeck.
Sachs hätt' es nicht geheim halten fsollen. Aber daß
die Sache einen solchen Aufruhr droben im Rathaus machen
würde, das war doch kaum zu erwarten.
Groland.
Ja, lieber Meister Nunnenbeck, ihr guten Leute macht
euch niemals eine Vorstellung, was Alles da zu bedenken ist:
Unsere ganze Stellung im Reiche, — und der Kaiser, der doch
auch katholisch ist, — ja das geht doch nicht. Und eben jetzt,
da man hoffte, daß eine Beruhigung der Gemüther eintreten
perde — da kommt eine solche Schrift grad wie ein Feuer—
rand —!
Nunnenbeck.
Ja, ist's denn auch gar so schlimm?
Groland.
Habt Ihr's denn noch nicht zu sehen gekriegt?
Nunnenbeck.
Bewahre. Ich hörte gestern Abend wohl von der
Osiander'schen Schrift; aber da ich nach dem Hauptmarkt ging,
da waren die Kramläden schon geschlossen. Und nun muß ich
von Euch hören, was dahinter steckt.
Groland
(nimmt ein dünnes in Quartformat gedrucktes Heft aus seiner Tasche).
Da seht's und überzeugt Euch selbst: „Ein wunderliche Weis—
sagung vom Papstthum, wie es ihm bis ans Ende der
Welt ergehen soll —“ und so weiter — da: „Ein Vorred
Andreas Osianders. Mit guter verständlicher Auslegung, welche
Hans Sachs in teutsche Reimen gefaßt ...“
Nunnenbeck.
Ja, ist denn der Osiander ganz unsinnig!
L
Groland.
Und seine Vorred ist das allerschlimmste an dem Büch—
lein. Grad als ob er alle Katholischen mit Mord und Brand