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Ideen heiliger Ernst war, kein Tändler mit Bildern, kein Händ—
ler mit Reimen, kein Spieler mit Worten, kein Diener der
Mode, ein Priester der Schönheit, in deren Heiligthume die
Wahrheit wohnt, ein Prediger, dem das Wort von innen kam;
darum predigte er auch — verzeihen Sie mir den Spruch; ich
will ihn wahrlich nicht profaniren — gewaltig und nicht wie
die Schriftgelehrten. — Niemand seit Luther hat der deutschen
Harfe so mächtige Töne entlockt; seine Stimme ist metallen,
kräftig und lebensfrisch; seine Sprache ist reich an kühnen Bil⸗
dern, blühend, voll neuer Wendungen, gesund wie die Samen—
körner großer Gedanken, die sie in die Welt streut; und doch
auch wieder so rührend herzlich, so schlicht und anspruchslos,
durch Einfalt überraschend und wirksam, zumal nachdem er ge—
lernt hatte, sich zu beschränken.
Es ist nicht anders: bei Schillers Lectüre geht uns das
Herz auf; und ob ihr auch manchmal wähnet, er sei mehr für
die Jugend: kehrt immerhin zurück zu ihm, ihr Lebensklugen
und Welterfahrenen, die ihr kränkelt an Menschenverachtung;
er hat die Panacee, die auch das Alter-verjüngen, kann. Göthe
erscheint uns unerreichbar wie die Griechen, groß wie Vater
Homer und Sophoeles, Ehrfurcht gebietend gleich einem Jupi—
terantlitz voll heiterer Majestät; aber Schiller theilt die Lieb—
lingsneigung des Deutschen, die, wenn man den Fremden glau—
ben will, auch seine Schwaͤche ist, zu philosophire n, zu id e—
alisiren, zu schwärmen, und umgibt die Gebilde gerade
unserer Phantasie mit einem dichterischen Glorienschein; da—
rum drücken wir ihn ans Herz als unsern Bruder.
Daß und warum wir in Schiller unsern größten Tragiker
verehren, wäre unnütz hier zu wiederholen; stehen doch Karl
und Franz, Ferdinand und Luise, Max und Thekla, sammt der
gottbegeisterten Jungfrau, der schuldig schuldlosen Königin, dem