276
Obgleich nun der Teufel den Betrug recht wohl merkt, verräth
er seine Unzufriedenheit mit keinem Worte.
Zum zweiten Opfer dient ihnen ein wohlhabender, wohl-
beleibter Domherr. Als Dieser fühlt, ‚wie der Teufel in den
weiten Räumen seines Körpers rumort, schickt er die Haushäl-
terin zu dem Arzte und bietet zwanzig Gulden. Dieser geht
auf die Kur ein; aber die Beschwörung stösst unerwartet auf
Schwierigkeiten. Der Teufel ist widerspenstig und ruft aus dem
Domherrn heraus: „Der Doktor ist ein Dieb! Er hat mich
um fünf Gulden betrogen. Kein Dieb kann mich austreiben!“
Der Arzt geräth in grosse Verlegenheit; endlich kommt ihm
ein guter Gedanke. „Teufel,“ ruft er, „unten im Hofe steht dein
Weib mit einem Briefe von dem bischöflichen Gericht und be-
gehrt nach dir.“ Wie Satanas dies hört, fährt er aus dem Dom-
herrn und entweicht mit dem Schrei: „Lieber in die Hölle als
bei diesem Weibe!“ durch den Schornstein.
Wenn hier der Teufel von einem Weibe und einem Arzte
überteufelt wird, so darf es uns nicht wundern, dass der Herr
des Himmels klüger ist als er. Dies erfahren wir aus dem
Schwank: der Teufel hat die Geiss erschaffen. Als näm-
lich Gott die Thiere ins Leben rief, vergass er die Ziege; schnell
machte nun der Teufel eine , um auch den Schöpfer zu spielen.
Aber er sollte viel Ungemach durch das Ziegenvolk, das ihm
seinen Ursprung verdankte, erfahren. Mit ihrem Schwanze, der
lang wie beim Fuchse war, blieben sie jeden Augenblick in
den Hecken hangen, so dass sie der Teufel losmachen musste,
bis er ihnen endlich aus Ungeduld den Schwanz abbiss.
Da die Ziegen viel Schaden in den Gärten, Baumschulen
und Weinbergen thaten, schickte der Herr seine Wölfe gegen
sie aus, und es wurden ihrer viele zerrissen. Darüber machte
nun der Teufel dem Herrn Vorwürfe, und Dieser verstand sich zu
siner Busse, die er zahlen wolle, sobald das Eichenlaub ab-
gefallen sei. Der Teufel war dies zufrieden und stellte sich gegen
Winter, als die Eichen ihre Blätter abgeworfen hatten, ein; aber
der Herr sagte: „Bei Konstantinopel steht eine Eiche, die noch
all ihr Laub hat.“ Schnell fuhr der Böse dahin und suchte nah
und fern im Türkenlande nach der Eiche, ja er durchstreifte
sogar die Wüste, und als er sie endlich fand, war es wieder
Hans Sachs.