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Male ganz wenig und vorübergehend besserte, wich im unmittelbaren An-
schluss an die Punktion einem dauernd klaren Sensorium. Hingegen stösst
die Deutung des ganzen Krankheitsbildes bei dem Mangel einer brauchbaren
Vorgeschichte und ärztlicher Beobachtung auf Schwierigkeiten, Sicher ist,
dass es sich um einen Patienten handelte, der von frühester Kindheit an an
chronischem Hydrocephalus litt, unter dem die geistige Entwicklung bedeutend
zurückgeblieben war. Wahrscheinlich waren die von ihm Ileidlich klar be-
schriebenen Anfälle von Schwindel und Bewusstlosigkeit die Folge der zeit-
weise auftretenden plötzlichen Hirndrucksteigerungen, wie sie beim chronischen
Hydrocephalus ja nicht ungewöhnlich sind. Und ebenso wahrscheinlich war
der komatöse Zustand, in dem der Kranke zur Beobachtung kam, weiter nichts
als der Ausdruck einer besonders heftigen Hirndrucksteigerung. Wodurch
diese ausgelöst worden war, ist nicht näher festzustellen. Die weiteren
Krankheitserscheinungen waren dann als Folgezustände des Komas anzusehen:
die doppelseitige Pneumonie als Schluckpneumonie, der Dekubitus als Folge
der ständigen Verunreinigung bei mangelhafter Pflege in der Zeit vor der
Aufnahme in’s Krankenhaus, Dass sich in so kurzer Zeit eine so ausgedehnte
und tiefgreifende Nekrose entwickelte, legt den Gedanken an einen beson-
deren Zusammenhang mit der cerebralen Affektion nahe nach Art des
Charcot’schen akuten Dekubitus bei Hemiplegien,
Möglich wäre aber auch noch ein anderes kausales Verhältniss. Der mit
chronischem Hydrocephalus behaftete Patient erwarb eine atypische Pneu-
monie und die in ihrem Gefolge auftretenden cerebralen Circulationsstörungen
führten eine akute Exacerbation des Hydrocephalus herbei. Akute Infek-
tionskrankheiten als Ursache der Meningitis serosa erwähnt Quincke ausdrück-
lich (Sammlung klinischer Vorträge von Volkmann, Nr. 67).
Für die Beurtheilung des Erfolges der Lumbalpunktion ist es übrigens
gleichgiltig, welche der beiden Möglichkeiten zurecht besteht. Dass es sich
um etwas anderes als eine seröse, nichtinfektiöse Exsudation im Schädel-
innern gehandelt habe, ist nach der Vorgeschichte wie nach der Beschaffen-
heit der Punktionsflüssigkeit gleich unwahrscheinlich.
4. B, B,, 23jährige Verkäuferin. Anamnese: 1896 Typhus, hernach gesund
bis vor 2 Jahren, damals Magenbeschwerden und Erbrechen, einmal auch einer
kleinen Menge Blutes, Seitdem häufig nach dem Essen Erbrechen, keine
Magenschmerzen,
Jetzt erkrankt vor 3 Wochen mit Kopfschmerzen, Herzklopfen, Druck auf
der Brust. Verschlimmerung der Magenschmerzen.
Status am 1, Februar 1901: Mittelkräftig gebaut und genährt, Haut und
Schleimhäute sehr blass. Geringe chronische Blepharitis, Zunge nicht belegt.
Greringe Struma, besonders des rechten Lappens. Halsumfang 31,0 cm, Lungen
o. B. Herz am rechten Sternalrand, auf der 4. Rippe, Spitzenstoss etwas ausser-
halb der Mammillarlinie, kräftig. Von der Spitze bis zur Basis ein systolisches
Geräusch, der 2. Pulm.-Ton accentuiert,
Puls 96, mittelgefüllt, weich, regelmässig. Systolisches und diastolisches
Geräusch an den Venae jugulares, Durchschimmernde Venen der vorderen Brust-
wand, Von Varicen oder Vedemen, auf die regelmässig geachtet wurde, nichts
notiert. Hämoglobingehalt 209% 9.