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Edmund Goetze,
falls er auch da auftreten wollte, mit mehreren Stücken zu wappnen.
Und wenn wir nun hören, wie man da immer wieder mit Hans
Sachfischen Liedern in die Schranken trat, so ist das ein untrügliches
Zeichen dafür, dafs man den Hans Sachs als Dichter rückhaltslos an-
erkannte. Wir könnten indes meinen, ihm zu Gefallen hätten die Ge-
nossen auf eigene Dichtungen verzichtet, hätten seine Meistergesänge
benutzt, weil er gerade Merker war. Da ist denn von grofser Wichtig-
keit, dafs nicht blofs seine Gesänge gesungen wurden; und wenigstens
bei dem zweiten der hier vorgeführten Schulsingen bekam sogar einer
das Kleinod, der kein Hans Sachfisches Lied gewählt hatte. Man
war also nicht gezwungen, dem Merker zu Liebe sich dessen Gesänge
anzueignen, um den Preis zu erhalten.
Durchmustern wir im einzelnen die Vorträge, so finden wir, dafs
Hans Sachs allen seinen Zunftgenossen seinen Liedervorrat zur Ver-
fügung stellte von den ersten Meistergesangbüchern an bis zu den
Werken, die er jüngst erst vollendet hatte. Geradezu auffällig er-
scheint das in der zweitangeführten Abendzeche. Hans Sachs hatte
an diesem Sonntage das 217. Lied in dem 15. Meistergesangbuche
vollendet, und vorgetragen werden am Abende das 199., 206., 208.,
210., 209. und gar das 213. Gedicht aus dem 15. Meistergesangbuche.
Mag die Wahl nun hier beeinflufst scheinen von der Neuheit der
Verse, immerhin wird uns weiter sehr auffallen, dafs in der Abend-
zeche so viele aus der Heiligen Schrift geschöpfte Lieder vorgetragen
wurden. Wie wir sehen, ist das auch in der ersten Zeche bei Hans
Sachsens Antritt des Merkeramtes geschehen. Weitere Folgerungen
aus der Wahl der Gesänge zu ziehen, überlasse ich jüngeren Freunden
des Hans Sachs.
Den Schlüssel zu den einzelnen Nummern des ganzen Buches ge-
denke ich im Registerbande der Tübinger Ausgabe zu veröffentlichen.
Dort will ich der Chronologie der sämtlichen Werke des Hans Sachs
noch ein alphabetisches Verzeichnis der Anfangsverse der Meister-
gesänge anfügen, damit die sämtlichen Handschriften von solchen
Dichtungen danach leichter und sicherer auf Hans Sachfische Meister-
lieder hin durchgeprüft werden können.
Jetzt wende ich mich zu den Tagen, an denen in den mehrer-
wähnten Jahren Singschule gehalten worden ist. Die erste also unter
Hans Sachs als Merker am ı. September 1555; gerade einen Monat
vorher hatte er im 1ı5. Meistergesangbuche, Bl. 165’ unter Die zwen
plinten im süfsen Tone Jörg Schillers geschrieben: „pis da her hab
ich eben mit hilff gottes 4000 lieder gemacht“. Die nächste Singschuel
vereinigte die Singer am Sonntag nach Matthäus, am 22. September 1555
(lang gemes); die dritte am Sonntage vor Galli, am 13. Oktober (lang
gemes). Während in der zweiten das neueste Werk des H. Sachs
vom 28. Juni stammte, war das jüngste in der dritten am 5. September
gedichtet. Die vierte wurde am 10. November, am Sonntage vor
Martini abgehalten; die fünfte am Sonntage vor Katerine, am 24. No-
vember (kurz gemes). Die sechste rief die Singer auf Sonntag vor