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Gehen wir nun zur Industrie der Fette und Oele, so wäre zunächst
zu erwähnen, dass nach der Gewerbezählung von 1875 260 Oelmiühlen
(inkl. Oelfabriken) mit 504 Personen im Betrieb waren (in Deutschland
6290 mit 8933 Personen); Seifensiedereien (inkl. Talgsiedereien, Talgkerzen
fabriken, Glyzerinfabriken) waren 543 mit 1012 Personen im Betrieb (Deutsch.
land: 2840 mit 7903 Personen): letzteres Gewerbe ist also bei uns das ver-
breitetere. Fabriken für ätherische Oele und Parfums: 10, in Deutschland
183; Thranbrennereien, Leder- und Wagenschmierenfabriken 5 (Deutschland
91); Stearin- und Wachskerzenfabriken 180 (Deutschland 456). Letztere
Branche scheint in Bayern besonders heimisch zu. sein.
Oele waren von 4 Firmen ausgestellt in sehr hübscher Ware; eine
hatte auch das bekannte KEieröl vorgeführt. Die Oelfruchtkultur (Reps-,
Mohn- und Leindotteranbau) in Bayern ist gering; im Jahre 1878 waren
in Bayern 378144 bebaut (in Deutschland 181143 hAa!); es wurden in Bayern
99820 Ztr. Oelsaat produziert, davon 36800 in der Pfalz. Die Fabriken
sind bezüglich der Oelfrucht aufs Ausland: Sachsen, Ungarn, Böhmen ete.
angewiesen. Grosse Konkurrenz ist den fetten Oelen in Bezug auf ihre
Verwendung als Maschinenöl erwachsen in den verschiedenen Mineralölen:
es sind deshalb einzelne Fabriken mit Erfolg bestrebt, möglichst entsäuertes
und harzfreies Oel zu diesem Zwecke in den Handel zu bringen.
Seifenfabriken hatten im Ganzen 7 ausgestellt, teils technische (Schmier-)
und Haushaltungs-(Kern-)seifen, teils feinste Tollettenseifen, neben Parfümerien,
Pommaden ete. Jede Richtung der Fabrikation war gut, zum Teil sehr
gut vertreten. Als Rohmaterialien für die Sertfenfabrikation waren ‚ange
führt: 'Talg, Schweinefett, Knochenfett, Kokosöl, Palmöl, Palmkernöl, Car-
nanbawachs, Ceresin u. s. w. Man sieht, auch bei uns werden in richtiger
Erkenntnis immer neue Materialen zur Fabrikation beigezogen.
Stearin- und Paraffinkerzen waren nicht vertreten; dagegen Wachs-
kerzen, Wachsstöcke, Wachsbouquets etc. Ueber letztere Branche war das
Jurymitglied Herr Anton Seidel so gütig mir. folgende Notizen zu geben:
„Wachs, gebleicht, in Stöcken und Kerzen, war von 4 Fabriken zur Schau
gebracht, in reiner, meist sehr schöner Herstellung. — Eine Münchener
Firma brachte sehr kunstvoll nach Zeichnungen eines Künstlers gedrehte
und ausgeführte Wachskerzen, wozu jedoch in der Fabrik selbst die For-
men modelliert und ausgeführt wurden. Eine sehr lobenswerte Arbeit! —
Eine andere Fabrik stellte gebleichtes Wachs aus, darunter auch bayerisches.
Letzteres konnte man bisher ohne Schwetelsäure nicht so vollkommen
bleichen als orientalisches Wachs. Es war deshalb ıninderwertig, wird nun
aber infolge einer neuen Bleichmethode zu besseren Preis gebracht. — Die
Wachsindustrie schickt kunstvoll ausgeführte Kerzen nach England, Frankreich
und Amerika ; früher war grosser Absatz nach Ungarn etc., der jedoch durch
Zollschranken unmöglich gemacht wurde. ‘
Anschliessend hieran war die weltbeherrschende Nürnberg-Fürther