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Patientin erholte sich und war fast den ganzen Tag ausser Bett, unterstützte
sogar die Pflegeschwestern bei der Versorgung der übrigen Kranken; ihr Ge-
sammtbefinden gab zu keinerlei Besorgnis Anlass, ihr Appetit hatte sich er-
Ffreulicher Weise gehoben und so hatte sie —— entgegen den Anordnungen des
Arztes — am Abend des 18. Februar 1899 eine reichliche Mahlzeit eingenommen,
erkrankte darauf in der Nacht an Erbrechen, Stuhldrang, wurde gegen Morgen
bewusstlos und starb am 19. Februar früh 10!/a Uhr. Als causa mortis wurde
Uraemie angenommen,
Am 20. Februar Nachmittags 51/2 Uhr wurde durch den Prosektor des
städtischen Krankenhauses, Herrn Dr. Thorel, die Sektion vorgenommen und
"olgender Befund festgestellt:
Leichtes Oedem der Beine. Geringes Lungenemphysem, AHochgradige
Hypertrophie des gesammten Herzens. Ascites, Stauungsmilz, Granular-Atrophie
der Nieren. Atrophische Muskatnussleber mit bindegewebiger Verdickung
des Leber-Ueberzuges. Fibroma uteri. Endometrit, haemorrhagic, Doppel-
seitiger Katarakt. Fettige Degeneration des Pankreas mit Pankreas-
blutung und zahlreichen kleinen, opaken griesskorngrossen Ge-
bilden,
Obschon das vorliegende Sektions-Resultat auf ein recht complicirtes
Krankheitsbild hinweist, ist man doch gezwungen, den jähen Tod nicht auf
Rechnung einer Uraemie, sondern auf die complicirende Pankreas-Haemorrhagie
zu setzen. Leider war es unmöglich, den Fall wegen der Kürze der Erkrankung
genauer klinisch zu beobachten, um so weniger, als die ärztliche Untersuchung
arst stattfand, als die Kranke bereits in agone lag.
Noch weniger, d. h, gar nicht wurde der 2. Fall klinisch untersucht.
Die Kammmachermeisters- Wittwe E. B., geboren 7, Oktober 1825,
war seit 21. Juni 1886 als Pfründnerin im Hospital aufgenommen, Bei ihrer
Aufnahme gab sie an, dass sie in kinderloser Ehe gelebt hatte, dass ihr Mann
an Lungentuberkulose gestorben sei, und dass sie selbst wegen Geistesstörung
vorübergehend in der Irrenanstalt zu Erlangen gewesen sei, abgesehen von den
Gebrechen des Alters sei sie gesund und erfreue sich eines normalen Appetites.
Während ihres 14 jährigen Aufenthaltes im Hospital kam sie dem Arzt nur
wenig zu (Gesicht und hatte nur über Kleinigkeiten zu klagen.
Am 27. April 1900 früh 4 Uhr wurde sie von ihren Zimmergenossen tot
im Bette gefunden. Die nachträglich erhobene Anamnese ergab, dass sie am
Abend des 26, April 1900 aussergewöhnlich viel gegessen hatte, weil es ihr
Leibgericht (Sauerkraut mit Schweinefleisch und Kartoffeln) gegeben hatte,
Nachts soll sie einmal auf dem Abort gewesen sein, sich dort erbrochen und
dann wieder niedergelegt haben. Das war alles, was man erfahren konnte.
Die Sektion wurde am 27, April 1900 abends !/„5 Uhr ebenfalls von dem
Prosektor des städtischen Krankenhauses vorgenommen und folgender Befund
Zestgestellt:
Fette weibliche Leiche; starker Livor an den unteren Partieen, Lungen
normal, der Herzbeutel prallgefüllt von theils coagulirtem, theils flüssigem Blut.
An der Herzspitze, die zerwühlt und durchbrochen ist, unter dem Epicard eine
blutigsugilirte Stelle, dieser Stelle entsprechend im innern ein Trabekel abgerissen,
in der Spitze des Herzens Thromben, Neben dieser Stelle findet sich eine
kirschkerngrosse, hernienartige Vorbuchtung an der Herzspitze (Herzaneurysma.)
Der übrige Befund an der Leiche war normal, bis auf eine starke Pankreas-
blutung, die sich in das umgebende Bindegewebe hinein fortsetzt.
Das Pankreasgewebe zeigt verschiedene grössere und kleinere opake Stellen,