Volltext: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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diesem Ausläufer des Peter Squenz erscheint als Schauspielleiter — 
sine Rolle, die früher Squenz (bei Gryphius) und der Schulmeister 
von Rumpelskirchen (bei Weise) innehatten — Hans Sachs. Der 
Verfasser dieser Komödie ist also einen Schritt weiter gegangen und 
indem er Hans Sachs die Führung überträgt, tritt dessen Verspottung 
stärker hervor. Ich glaube aber nicht, daß hier eine Satire 
auf irgendwelche literarische Verhältnisse vorliegt, namentlich ist die 
Verspottung des Hans Sachs nicht Zweck der Komödie. Die Faschings- 
belustigung der Vilsbiburger erheischte eben einen possenhaften 
Stoff mit einer lustigen Person. Faust lieferte den Stoff, dessen 
Tiefe ungeahnt blieb, und als lustiger Direktor stellte sich leicht 
statt der weniger greifbaren Gestalt des Peter Squenz der als 
poetischer Stümper so oft verschrieene Hans Sachs ein. In dem 
‚Innhalt“ heißt es denn auch, man wolle dem Schulmeister von 
Narrnhausen „wegen denen Reim-Gedichten den Namen des Hanß 
Jachs eines sonst bekannten teutschen Po&tens beylegen.“ Kin 
schroffer Gegensatz ist es nun freilich, wenn in fast unmittelbarer 
Nachbarschaft jener Gegenden, die Hans-Sachsisches Gut in ernsten 
volkstümlichen Spielen wahrten, Hans Sachs selbst als eine Art von 
Hanswurst vorgeführt wird. Während Hans Sachs bisher immer nur 
allein in der Komödie erschienen war, bekommen die Vilsbiburger 
auch sein Weib Anamiedl und seine Tochter Lisl zu sehen. Erstere 
atellt die Helena, letztere die Beschließerin der Helena dar. Der 
Inhalt der Komödie, wie ihn der „Prologus oder Vor-Both“ absingt, 
wirft nicht gerade das günstigste Licht auf Sachsens häusliche Ver- 
hältnisse. Der Anfang besagt gleich: „Hanß Sachs rauffet mit seinem 
Weib wegen der Comoedi“. Später erfahren wir, daß Sachsens 
Weib und Tochter Geld gestohlen haben und mit zwei Studenten 
durchgegangen sind. In dem ersten Lied, das der „Vorboth“ singt 
‘a. a. 0. 8. 249), wird jedenfalls auf das „Narrenschneiden“ Hans 
Jachsens, dessen Kenntnis weit verbreitet war, angespielt, auch der 
[nhalt des zweiten mag auf Hans Sachs zurückweisen. 
Die unschuldigen Spässe, wie sie sich die Vilsbiburger mit Hans 
Sachs erlaubten, wollen vom literarischen Standpunkte nicht als giftige 
Pfeile angesehen werden. Bedenklicher ist es jedoch, wenn jemand, 
der, wenn auch vorübergehend, eine Professur der Beredsamkeit an 
einer Universität innehatte und den Anschein der Sachkenntnis zu 
erwecken suchte, in dem Ton, der zu Anfang des 18. Jahrhunderts
	        
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