Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

— 780 — 
dienfte fast genau die gleiche, nur daß die Predigt etwas mehr ein⸗ 
geschränkt wurde. Eine für das Jahr 1783 — also in bereiis sehr 
später Zeit — aufgestellte Uebersicht liefert das Ergebnis, daß alle 
Sonntage 22, in der Woche — etwaige Feiertage nicht eingerechnet — 
weitere 20 Predigten in Nürnberg gehalten wurden und daß noch 
außerdem an den Sonntagen 16 Gottesdienste verschiedenster Art und 
anter der Woche täglich im Durchschnitt 20 predigtfreie Gottesdienste 
stattfanden. So waren Montags 24, Dienstags 18, Mittwochs 24 
Gottesdienste ohne Predigt. Im Jahre 1789 wurden in der Stadt 
— ohne die Vorstadtkirchen — im Ganzen 2756 Predigten gehalten. 
Rechnet man noch dazu die Hochzeiten, Taufen und Leichenbegäng—⸗ 
nisse, die Seelsorge und die Kommunionen der Kranken und Ster— 
benden, so kann man sich wohl denken, daß selbst die außerordentlich 
große Zahl der Geistlichen sehr stark in Anspruch genommen war. 
„Es tragt sich offt zu, daß einer einnacht dreymal aufgeweckt würd,“ 
schreibt einer von ihnen. Die Kirche wollte in keiner Hinsicht als 
bloßes Sonntagsinstitut gelten. Daher waren auch die Kirchen nicht 
verschlossen, ein Ratsverlaß vom Jahre 1608, der die Schließung der 
Kirchen für die Zeit außerhalb der Gottesdienste anordnete, wurde 
binnen Kurzem, 1616, wieder aufgehoben. Dadurch daß die Kirche 
die verschiedensten Stunden zu den Gottesdiensten wählte, verstand sie 
ꝛs, dem Bedürfnis auch der verschiedensten Stände und Volksklassen 
entgegen zu kommen. So fanden sich beispielsweise bei den Frühmessen 
meist solche Leute ein, die sich später aus Mangel eines anständigen 
Rocks schämten, beim Gottesdienste zu erscheinen. Natürlich wurde 
mit dem im Gefolge der Aufklärung mehr und mehr erkaltenden Re— 
ligionseifer auch die Beteiligung an den zahlreichen Gottesdiensten 
immer geringer, so daß der Rat es als zweckmäßig erachtete, im Jahre 
1783 die Wochenfrühmessen, 1789 die Früh- und Vesperchöre, sowie 
die Tagämter an den Festtagen bis auf geringe Reste aufzuheben. Am 
1. April 1805 wurden die noch übrigen Wochengottesdienste und viele 
„überflüssige“ Fest- und Feiertage, nämlich alle Marien- und Aposteltage, 
Gründounerstag und Epiphanias, abgeschafft. Zu dem „aufräumenden“ 
Treiben des Rationalismus, dessen hohes Verdienst damit keineswegs 
geleugnet werden soll, gesellte sich die bedrängte finanzielle Lage der 
Stadt, die unter anderem zur Folge hatte, daß im Jahre 1810 mit 
der „neuen Organisation des Pfarr- und Kirchenwesens“ die Zahl der 
Geistlichen bis auf die heute noch im wesentlichen bestehende Zahl von 
17 reduziert wurde. So ist es gekommen, daß unser durch größere 
Beltendmachung der Lehre und der Predigt ohne Frage innerlicher 
gewordenes kirchliches Leben, was die äußere Gestaltung des Gottes⸗
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.