Volltext: Thomas von Aquin: In 3. librum sententiarum – Nürnberg, STN, Cent. II, 32

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Wissen zu vertiefen gewußt, wie bald ihren uner— 
zogenen Sinn erzogen und stetig gemacht. 
Als sie in der Postkutsche neben dem Vater 
saß, da erhöhte die Freude an der Fahrt durch die 
Felder die Farbe ihrer Wangen. 
Rottmann sah fie prüfend an. „Annele, wie 
alt bist Du eigentlich?“ 
„Vierundzwanzig Jahre, Vater.“ 
„Siehst viel jünger aus, Kind.“ 
„Das ist die Freude, Vater. So mit Dir 
hinaus in die Welt reisen zu dürfen. Schau den 
Duft auf den Feldern, die Blütenknospen an den 
Bäumen, wie die schwellen.“ 
„Bist Du glücklich, Anne?“ 
„Ja, Vater, sehr, sehr glücklich.“ Sie beugte 
sich rasch über Rottmanns Hand und küßte sie innig. 
„Und Dir dank ich's, Dir. Du hast mich so frei 
gemacht und fest, Du hast mir Deine großen Ge— 
danken anvertraut, Du hast mich geduldig zu Dir 
hinaufgezogen, Du hast mich über den ganzen klein— 
lichen Sorgenkreis der Frau gehoben.“ 
Rottmann drohte mit dem Finger. „Unter⸗ 
schätze den Sorgenkreis der Frau nicht.“ 
Leidenschaftlich schüttelte Anne den Kopf. „Er 
gilt doch nur dem kleinen, persönlichen Glück. Ich 
habe ihn einmal überschätzt, Vater, weit überschätzt 
und bin fast daran zugrunde gegangen.“ 
„Anne, wir fahren in den erwachenden Frühling 
hinein. Wird nicht auch wieder ein sehnendes Hoffen 
über Dich kommen? Du bist ein Weib, Kind! Das 
mußt Du nicht vergessen.“ 
„Nein, wahrlich, Vater, das vergesse ich nie. 
Ich bin's jede Stunde eingedenk. Wär' ich Dein 
Sohn, könnt' ich einst Dein Erbe werden; so bin 
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