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den Worten Arnolds kleinlich herum, legt dem erwähnten Gespräche
Hans Sachsens überhaupt keinen tiefgehenden Wert bei und fragt:
„Kan man wohl aus solchen erdichteten Gesprächen einfältiger
Handwercksleutlein den Verfall einer gantzen Kirche beweisen?“
In dieser literarischen Auseinandersetzung zwischen Arnold und
Grosch ist Hans Sachs als Dichter eines geistlichen Liedes genannt
und gerühmt worden und dieses Lied hat viel dazu beigetragen,
wenigstens in bestimmten Kreisen die Erinnerung an ihn lebendig
zu erhalten. In weiterem Umfange — vielfach freilich nur dem Namen
nach — war Hans Sachs als Verfasser von Possenspielen bekannt,
deren oftmals recht ernsten Grundgedanken man leicht verkannte.
Daß er sich auch auf dem Gebiete tiefernster religiöser Lyrik ver-
sucht hatte, war — von den Kreisen der Hymnologen abgesehen —
der großen Menge weniger geläufig, ebenso wie wir auf Kenntnis
seiner prosaischen Dialoge, die Lessing besonders hochstellt, nur
selten stoßen. In die deutsche kirchliche Lyrik, die im Katholizismus
schon vor der Reformation eine Blüte erlebt hatte, war durch die
Reformation selbst, die eine Verinnerlichung in religiösen Dingen
anstrebte, ein neuer Aufschwung gekommen. Sorgsam pflegte man
auf protestantischer Seite das Kirchenlied, Luther selbst leuchtete
durch sein Beispiel voran, andere dadurch zur Nachfolge anregend.
Nürnberg hatte mit Freuden die Reformation begrüßt und Hans Sachs
war einer jener Männer, die fernab vom Parteigezänke das Refor-
mationswerk aus der Tiefe ihres Geistes heraus zu fördern und zu
bereichern suchten. So äußerte sich sein Schaffensdrang in kirchlicher
Lyrik, wenn auch diese den allerkleinsten Teil seiner poetischen
Tätigkeit ausmacht. Seine geistlichen Lieder sind ebenso wie. die
weltlichen zunächst auf einzelnen fliegenden Blättern verbreitet worden,
eine größere von Hans Sachs selbst redigierte Sammlung bilden die
„Dreytzehen Psalmen zusingen, in den vier hernach genotirten
thönen in welchem man wil Oder in dem thon, Nun frewt euch
lieben Christen gmein.... 1526“ und „Etliche geystliche, in der
schrifft gegrünte lieder für die layen zu singen. 1525“ (8 Lieder).
Philipp Wackernagel hat in seinem Werke „Das deutsche Kirchen-
lied“! 26 Lieder von Hans Sachs zum Abdruck gebracht. Was deren
Inhalt anlangt, so ist vor allem bemerkenswert, daß eine Reihe durch
1 3. Bd., Leipzig, 1870, S. 55—74.,