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zlaubte, Zauberei zu treiben. Beerdigt wurden die Leichname ge—
wöhnlich bei dem Hochgericht selbst, später (seit 1520) auf dem
St. Peterskirchhof in einem Winkel. Vom Jahre 1548 haben wir
Kunde, daß einem Magister (Mediziner) erlaubt wurde, „der Armen
ainen so gericht zuschneiden, doch das nit vil volcks darzukome.“ Das
Vermögen der Getöteten, das anfänglich ausnahmslos eingezogen wurde.
fiel später den Erben zu, die Kleider gehörten dem Nachrichter.
Interessant ist die Art und Weise, wie Reparaturen am Hoch⸗
gericht vorgenommen wurden. Es ist bekannt, daß sowohl der Henker
als seine Gehilfen seit den ältesten Zeiten als unehrlich betrachtet wurden
sowie daß eine Gemeinschaft oder Berührung mit ihnen ebenfalls p
ehrlich zu machen im Stande war. So lastete auch auf dem Hoch—
gericht selbst und allem, was dazu gehörte, der Bann dieses Vorurteils.
War nun eine Ausbesserung des damals so häufig in Auspruch ge—
nommenen Galgens notwendig, so mußten alle dazu erforderlichen
Gewerbe, als Maurer, Zimmerleute u. s. w., Meister, Gesellen und
Lehrjungen, gemeinschaftlich diese Arbeiten verrichten. Der Tag, an
dem eine solche Reparatur vorgenommen wurde, gestaltete sich förmlich
zu einem Feste. So im Jahre 1471, als man ein „neues zimmer“
auf den Galgen machte. An 150 Zimmerleute zogen dazu aus. Als
sie fertig waren, eine Stunde nach Mittag, „da pfeif man in durch
die stat untz an Weinmarkt, da het man kes und prot bestelt, und
der paumaister gab in zwen aimer guts weines und heten der stat
hoffirer (MMusikanten) all mit der lauten und portatif (eine Art Hand—
orgel).“ Dieselbe Feierlichkeit fand noch 1724 statt. In diesem Jahre
zog ein festlicher Zug, aus 410 Personen bestehend, mit den Spiel—
leuten voraus, durch die Stadt nach der Peunt, woselbst das Holz,
welches man zum Bau gebrauchte, auf Wägen geladen wurde. Von
hier aus ging es zum Frauenthor hinaus nach dem Hochgerichte. Bei
der Arbeit die nun begann mußte jeder Einzelne Hand anlegen, damit
keiner dem Andern den Vorwurf machen konnte, er habe sich unehrlich
gemacht. Nach wenigen Stunden war die Arbeit beendet, man kehrte
wieder mit Musik nach der Stadt zurück und der festliche Tag wurde
mit Tanz und einem Freudengelage geschlossen.
Die Todesstrafe war gerade nichts seltenes. In den Jahren
1450 bis 1469 wurden wie eine Chronik berichtet, 212 Personen hin—
gerichtet. Muffel war der zweihundert und dreizehnte. Die nicht aus
Leben gehenden Leibesstrafen wurden wohl meist in der Stadt selbst
vollstreckt. Bei der Fleischbrücke befand sich der Ohrenstock, wo den
Verurteilten die Ohren abgeschnitten oder andere Körperteile, nament⸗
lich die Hände abgehauen wurden. Ersteres geschah häufig, wie es