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reiche Hand zu leisten. So pflegten sich die Leute danach zu drängen
einem durch die Straßen geschleiften Mörder den Kopf zu halten. über
haupt stößt man häufig auf ein starkes Sympathisieren der Menge
mit dem zu Richtenden, was, wenn es nicht schon an und für sich in
der menschlichen Natur begründet wäre, leicht aus der Unzufriedenheit
mit dem der germanischen Rechtsanschauung ursprünglich fremden, erst
aus Italien nach Deutschland verpflanzten lichtscheuen Inquisitions—
verfahren der damaligen Justiz erklärt werden kann. Trotz ausge⸗
rufenen Friedegebotes wird der Nachrichter nicht selten thätlich bedroht,
zumal dann wenn es ihm nicht gelingt, dem „armen“ Sünder (schon
dieser Ausdruck ist charakteristisch) schnell und geschickt den Garaus zu
machen. Manche Henker aber übten ihr undankbares Amt mit wahrer
Meisterschaft, so einer der im Jahre 1501 zwei Diebe, die um den Tod
durchs Schwert gebeten hatten, hinzurichten hatte. „Er stellet in die
ruck genainander, anderhalb Klafter weit, er köpft den ersten, der kniet
und dreet sich umbhin und slug dem andern auf dem sessel den kopf
im schwang auch ab,“ heißt es in der Chronik. Während. der ganzen
Dauer einer Exekution mußte der Rat auf dem Rathause versammelt
oͤleiben. Beim Hochgericht selbst hielt der Stadtrichter hoch zu Roß
in feierlicher Gewandung, von berittenen Stadtknechten umgeben.
Das Ertränken fand meist von einer Brücke bei der Hallerwiese
aus statt, wohl wie es auch sonst gebräuchlich und hier in Nürnberg
noch durch den niedrigen Wasserstand geboten war, indem man die
Verurteilte in einen Sack that und diesen an einer Stange ins Wasser
hielt. Andere verschärfte Todesarten, Verbrennen und Vierteilen, meist
erst am toten Körper, haben wir gelegentlich im Laufe unserer Geschichte
erwähnt. Lebendig verbrannt wurden Brandstifter und Fälscher, sowie
Leute, die der unnatürlichen Unzucht beschuldigt wurden.
Mit Hexen und Zauberinnen verfuhr man in Nürnberg ziemlich
glimpflich. Im Jahre 1469 wurde eine alte Fran, die ein „groß
langs creutz“ mitten auf dem Markte eingegraben hatte, eine halbe
Stunde lang an eine Leiter gebunden und in die Stirne und durch
beide Backen gebrannt. Dasselbe geschah 1489 einer anderen Zauberin,
der man noch „ein pappierein infal, teufel daran gemalt“ aufsetzte.
Beiden wurde außerdem die Stadt verboten. Schlimmer erging es im
Jahre 1505 einer Tagwerkersfrau Barbara mit Namen, in Schwabach,
die unter anderen unsinnigen Beschuldigungen bezichtigt wurde, mit
dem Teufel Buhlschaft getrieben zu haben. Im Angesicht des Hoch—
gerichts, auf einen Karren gebunden „peim Halß, in der mitten und
die füß“ sprach sie noch einmal „mit eingepissem mund“, daß sie alles
nur vor „großer pitter marter wegen“ bekannt hätte. (orts. folgt)