Volltext: Die Schweden in Nürnberg

166 
„Aber ich erzähle Ihnen da Dinge, die Sie kaum interessieren 
können. Sie sahen ihn wohl nur ein einziges Mal?“ 
„Doch nicht, ich begegnete ihm zufällig mehrmals,“ kam 
es etwas stockend von Helenas Lippen. 
„So, das freut mich, da lernten Sie also meinen Schütz— 
ling näher kennen. Fanden Sie in ihm nicht einen unterhalten⸗- 
den und liebenswürdigen Gesellschafter?“ 
In höchster Verlegenheit zupfte Helena an einer Schleife 
ihres Kleides und wußte nicht, was sie antworten sollte. 
„O! Sie schweigen! Da mißfiel er Ihnen wohl gar. Sollte 
ihn das Glück, so jung der Vertraute des Herrn Pfalzgrafen 
geworden zu sein, vielleicht hochmütig und eitel gemacht haben 
und Ungünstiges, was mir über ihn zu Ohren kam, auf Wahr— 
heit beruhen? Das müßte ich doch gleich meinem Manne erzählen.“ 
Erschrocken sah Helena auf. „Ich bitte — um Gottes Willen 
— wie könnte ich so etwas meinen! — Im Gegenteil, — ich — 
wir alle — fanden Herrn von Schlippenbach — sehr liebens— 
würdig und bescheiden.“ 
„Nun, das freut mich. Man hatte mir nämlich mitgeteilt, der 
junge Oberst habe sich hier sehr unbeliebt gemacht, und man wäre 
zufrieden, ihn fern von Nürnberg zu wissen. Dem ist also nicht so?“ 
„Gewiß nicht — ich — ich — wir alle — bedauern leb— 
haft — seine plötzliche Abreise —“ 
„So, so! Dann wird es mir vielleicht gelingen, den Herrn 
Pfalzgrafen zu überreden, daß er ihn bald zurückruft, damit er 
ansre Feste hier ordnen kann. Dazu hat er eine ganz besondere 
Begabung.“ 
Im leichten Gesprächston waren diese Worte hingeworfen 
worden, aber die kluge Dame beobachtete daraufhin ihre jugend— 
liche Begleiterin scharf. 
So entging ihr denn nicht das plötzliche Aufleuchten in den 
dunklen Augen und der freudige Schein, der einen Augenblick 
über Helenas Gesicht flog, um gleich darauf einem traurigen Zug 
zu weichen. Aber Frau von Königsmark hatte genug gesehen 
und erfahren. Sie war recht zufrieden mit dem Ergebnis dieses 
Gartenspazierganges. Freilich, viel Zeit, die Anlagen zu be— 
wundern und ihre botanischen Kenntnisse zu erweitern, war ihr 
nicht geblieben. Ihren eigentlichen Zweck aber hatte sie erreicht. 
„Sehen Sie,“ rief sie plötzlich „da kommt der Herr Pfatlz— 
graf, Ihren Herrn Vater zu besuchen. Wir müssen eilen, wollen 
wir den hohen Herrn mitempfangen!“
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.