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angethan und, kann nimmer von ihr lassen. Und sie hat auch
viel schönere Augen, so schwarz und so tief — — und schließlich
hab' ich ja der Kathrin die Eh' nicht versprochen ...“
„Natürlich, und Hoffnungen hast ihr ja auch nicht gemacht
darauf, hast keine verliebten Augen gedreht und ihr nicht die
hände gedrückt — na, mir kann's recht sein: ich hab' Dich ge—
warnt, jetzt renn zu in Dein Unglück!“
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Herbst und Winter waren vergangen, der Lenz mit seinen
Freuden und Wonnen hatte seinen Einzug gehalten. —
Durch die offene Pforte der St. Sebalduskirche schlüpfte
um die Mittagsstunde eine schlanke Mädchengestalt — scheu
blickte sie sih um in dem weiten Raum und atmete erleichtert
auf, als sie sich allein sah.
Es war die Kathrin — auf ihrem Antlitz lag kein Wieder—
schein von dem Frühlingsjubel da draußen; mit einem Herzen
voll Leid und Weh kam sie, um hier im Gebete Trost zu suchen.
Sie schritt zum Hauptaltar und sank an dessen Stufen nieder,
das bleiche Gesicht in den Händen verbergend. Lange kniete
sie so — sie hatte beten wollen — nun konnte sie es nicht.
Wild rasten die Gedanken durch ihr gequältes Hirn, trotzig
bäumte sich das wunde Herz auf und wollte sich nicht zu Er—
gebung und Demut zwingen lassen. Sie kämpfte einen heißen,
schweren Kampf — erst als sich das tiefe langverschwiegene Weh
in einen befreienden Thränenstrom auflöste, wurde sie ruhiger.
Ihre Augen suchten das Bild des Erlösers über dem Altare
und ihre Lippen flehten inbrünstig um Mut und Kraft. Wie,
um ihrem Gebete die richtige Weihe zu geben, begannen plötz—
lich die Glocken zu läuten — ernst und feierlich. Aber kaum
hatte Kathrin die hehren Töne vernommen, als sie hastig auf—
sprang und sich hinter einem Pfeiler verbarg, wußte sie doch,
daß das Geläute nicht ihr, sondern dem Hochzeitszug galt, der
sich eben der Kirche näherte.