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CHÖRLEIN AM NASSAUER HAUS.
Zu den Kigenthümlichkeiten Nürnbergs gehören die gewiss jedem
Fremden auffallenden Chörlein an vielen Häusern, Die meisten sind Tafı 54,
zwar in dem unschönen Perückenstyl gehalten, wesshalb der Bestand
dieser nicht hinter das siebenzehnte Jahrhundert zurück gedacht wer-
den darf, allein es sind doch auch welche vorhanden, die an uralten
Gebäuden durch ihre architektonischen Formen und Verhältnisse deut-
lich darthun, dass sie nicht später, sondern zugleich mit den Gebäu-
den entstanden sind. Zu diesen Chörlein gehört das am Nassauer
Haus, der interessantesten eines, die Nürnberg aufzuweisen hat. Die-
ses Nassauer Haus, ein ganz ausgezeichnetes Denkmal gothischer
Baukunst, gehört auch zu den ältesten auf der Lorenzer Seite, Das
auf der Abbildung befindliche Chörlein ruht mit seinem Unterbau auf
einem etwas seltsam gestalteten 'Chierkopfe, auf welchem dann lie-
gende Engel die viereckigen mit Pfeilern umrahmten Felder tragen,
in denen dem Geiste einer kindlich frommen Zeit entsprungene Dar-
stellungen aus der biblischen Geschichte als Reliefs enthalten sind,
deren Zeichnungen mit den Bildern der altdeutschen Malerschule glei-
chen Schritt halten und für die Geschichte der bildenden Künste trotz
aller Mängel der Correktheit eine hohe Bedeutung haben. Ueber die-
sen Feldern erheben sich dann die Fenster mit den kleinen runden in
Blei gefassten Scheibchen, Pfeiler, die kirchthurmartig emporragen
und statt der Spitzen Knäufchen haben und spitzwinklige Ueberdach-
ungen (ebenfalls mit Knäufen versehen,) der Fensterbogen geben die-