Fünftes Blatt.
Der Siewelthurm mit der MHMasenhburzg.
W: lenken unsre Schritte wieder über die Freiung zu der Hasenburg und nehmen, um die volle An-
sicht derselben zu geniefsen, den Standpunkt an dem Fenster neben der Schlaguhr, welche sich über
dem Eingang in den einen Schlofshof befindet. (Siehe das zweite Blatt.) Wir schauen gegen Morgen,
wo die Rundsicht von waldigen Höhen eingeschlossen wird, von welchen wir nur den Moritzberg
mit dem an seinem Fufse liegenden freundlichen Schlosse Haimendorf erwähnen. Vor demselben jst
das Pfarrdorf Mögeldorf erkennbar. Von den Stadtgebäuden tritt vor allen der Thurm des Lau fer-
Thores hervor. Auf der andern Seite sehen wir den Reichswald sich in weiter Länge ausdehnen;
herwärts ragt das Schlöfschen Glaishammer aus seinen umgebenden Bäumen hervor. Die Kirche der
Vorstadt Wöhrd liegt der Stadt ganz nahe, und aus dieser selbst sind der Laufer-Schlagthurm und
die zwei Thürme der St. Aegydien-Kirche leicht erkenntlich.
Unser Vordergrund zeigt das auf dem vorigen Blatte durch das Thürmchen der Walburgis- Capelle
halb verdeckte Thor, welches in die Hasenburg führt; aufsen gewahren wir einen Theil der Freiung
mit ihrer Mauer, Der Siewelthurm selbst hat seinen Namen von dem altdeutschen Worte Siewel
(Senewel), d, h. rund, ein rundes Stück. In der That ist auch seine Rundung zierlich und sauber, wie
gedrechselt. Durch seine hohe Stellung ist er natürlich der höchste Thurm der Stadt, und doch, von
seinem Fufßse an gemessen, einer der kleineren; daher die Räthselfrage : welcher Thurm in Nürnberg
zugleich der gröfste und kleinste, und der dickste und dünnste ist? Letzteres bezieht sich auf seinen
Fufs, durch dessen breite Felsenmasse der Eingang geht, während er nach oben schlank und schmal zu-
läuft. Früher war der Eingang in der an seiner Mitte noch sichtbaren Thüröffnung, zu welcher von
aufsen eine hölzerne Treppe führte. Er belohnt das Steigen bis zu der in seiner Spitze befindlichen
Thürmerswohnung mit einem köstlichen Panorama. Die Burghut, zu welcher der Thurm gehört, wurde im
Jahr 1355 von Kaiser Karl IV. den Hasen von H asenburg ertheilt, daher der Name. Doch verkaufte
diese Familie ihre Burg mit den Gerechtsamen 1428 an die Familie der Waldstromer, welche sie gar
bald an die Stadt überliefsen, Das über dem alten Nufsbaum des Vordergrundes sichtbare Dach ist über
den 56'/, Klafter oder 339 Fufs tiefen Brunnen gebaut, der schon zu den Zeiten der Burggrafen ge-
graben worden ist, Das untere nach der Stadt zu befindliche Himmelsthor, welches an der neben hin-
laufenden Stallung vorüber gerade auf den Heidenthurm zuführt, ist. dem Leser noch von dem ersten
Blatte her bekannt. Zwischen diesem und der Margarethen - Capelle lag die vierte Burghut; ihre Be-
sitzer, denen die Aufsicht über Kirche und Thor zustand, waren die von Coldiz. Im Jahre 1430 kam
sie durch Kauf an die Stadt.