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handlungen Englands mit Frankreich noch nicht abgebrochen
waren, während man von Oesterreich immer wähnte, dass
es geheime Verbindungen mit offiziellen französischen Kreisen
pflege. Dass Thugut auf diesem Wege nach Erwerbung Bayerns
ausluge und dieselbe gerne mit der Annexion Nürnbergs
rechtfertigen würde, hielt Haugwitz für sehr wohl möglich.
Andererseits barg, wenn der Kriegszustand Dauer hatte,
die etwaige Teilnahme Russlands sehr viele Schwierigkeiten
in sich. : Die Krankheit des Königs machte unter diesen
Umständen Haugwitz zum Gegner jedes nachdrücklichen
Auftretens. So las er selbst aus den verschiedentlichen
Aeusserungen der französischen Regierung, sie sehe eine
Befestigung und Ausdehnung des preussischen Einflusses
nicht ungern, könne sie aber nur begünstigen, wenn das
darauf gerichtete Vorgehen auf Abrede mit Frankreich
veruhe, ein Argument gegen den Vertrag heraus.
Anders Alvensleben. Er erkannte an, dass durch die
jüngsten Unterhandlungen eine Krise geschaffen sei; allein
er leugnete, dass derselben für den vorliegenden Fall die ihr
von Haugwitz beigelegte Bedeutung inne wohne. Katharina,
meinte er, könne in einer Annahme des Vertrags keine
Verletzung des Grundsatzes erblicken, dass Friedrich
Wilhelms Politik im Schutz der Neutralität Norddeutschlands
ihre Grenze finde. Er hielt eine Rückwirkung auf den
Wiener Hof für undenkbar. Dieser werde durch Unter-
zeichnung des Vertrags so wenig zum Vorgehen gegen
Bayern sich ermutigt fühlen, als er bei Verweigerung der
Ratifikation von der Verfolgung seiner Absichten zurück-
scheue, Die Vermutung eines Einflusses des gegenwärtigen
Schrittes auf andere Staaten wies er überhaupt zurück.
Preussen habe schon so oft bei fremden Staaten Auf-
merksamkeit und Eifersucht erregt, dass dieser Fall sich
sehr darunter verlieren würde. Trotz des Unwillens, den
er über Hardenbergs eigenmächtiges Handeln empfand,
votierte er für die Ratifikation.