Volltext: Aus Heimat und Vaterhaus

über der Anrede, und wochenlang haben wir das 
zwischen den Zähnen vorgesprochene „M—meine 
lieben Kindo“ getrieben — und gelacht. 
Ich übergehe „die Herrschaften“, von welchen 
meine Eltern fleißig und gerne besucht wurden. Wir 
waren dabei doch meistens von der Vorstellung ent— 
hunden. 
Wie aber könnte ich des von uns allen geliebten 
Onkels vergessen, des Bruders meiner Mutter, der 
ebenfalls am Fuß des Schloßberges, also kaum eine 
Stunde von uns, als Pfarrer lebte. Wie oft half 
ich meiner Mutter an den Fenstern, vor denen mein 
Vater die heißen Semmeln kühlte, „die C.er“ „her⸗ 
sehen“ — und was wurde in diesem Zimmer mit 
ihnen gesungen, gelacht, geweint! Dabei lag nicht 
selten im Sofaeck ihr Erstgeborener, mein lieber Vet— 
ter und Gevatter G. in dem nur der Jugend 
eigenen bleiernen Schlaf versunken. Noch höre 
ich den Plumps, mit dem er einmal in diesem 
beneidenswerten Zustand vom Sofa herabrollte, und 
doch erfolgte sein Erwachen weder beim Fall noch 
beim Abschied noch in der Chaise, die seine Eltern 
heimführte, sondern am anderen Morgen! 
Meine liebe Tante betrieb in jener Zeit einen 
merkwürdigen Sport. Ich hatte einen „Nanking— 
anzug“. Offenbar war ich in jener Zeit auch besser 
gestellt als jetzt, wo ich meine Hosen nur so durch⸗ 
sitze, daß rechts und links ein kaum markgroßes Stück 
erst durchsichtig wird und mit der Zeit meine Weix-4 
heit blodͤlegt. Sei dem, wie ihm wolle. Meine 
liebe Tante, der ich zum Empfang „auf die Linne“ 
entgegen eilte, tat sich ein Gutes, indem sie zur 
Begrüßung diese Nankinghosen gehörig ausklopfte. 
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