Full text: Die neue Zeit

— — 
52 
„Ich kann mich nicht an diesen Worten auf— 
richten Niemals! Mich erdrückt dieses Sollen, dieses 
Müssen.“ 3 
„Ihr seid sehr schwach, mein Lieber. Wenn 
Euch das ‚Sollen‘ erdrückt, gut denn, so wollt. 
Das Wollen wird Euch Flügel geben und Euch über 
Fure kleinlichen Sorgen und Qualen hinaustragen.“ 
„Ich hab' gekämpft und bin müde, ich habe 
keine Kraft mehr zum Wollen.“ 
„So zieht endlich Euer priesterlich Gewand 
aus. Kehrt heim zu Eurer Scholle und bearbeitet 
den heimatlichen Boden!“ sagte Rottmann ungeduldig. 
„Ein entlaufener Vikar —“ 
— falschen 
Weg ging und bescheiden umkehrt.“ 
Ihr habt das noch niemals zu mir gesagt, 
Herr Rottmann.“ 
„Weil ich bisher geglaubt, Ihr würdet aus 
Qualen und Zweifeln hervortauchen als ein ge— 
läuterter Mann; weil ich glaubte, daß Ihr der 
Mann würdet, den die Menschen auf der Kanzel 
brauchen. Aus eigenen Zweifeln emporgestiegen zur 
Erkenntnis der Größe Gottes, als des Allvaters der 
Welt, so solltet Ihr den Zweiflern predigen. Geht 
mir mit Eurem Seufzen und Klagen. Hat Euch 
nicht das Unglück gestern aus Euch selbst gezerrt, 
hat es Euch nicht mit dem heiligen Willen erfüllt, 
werktätig zu helfen, dann seid Ihr kein ringender 
Christ. Kommt mir heute nicht mit dem Asketenzug 
um den Lippen und mit den trüben, überwachten 
Augen. Kommt mit offenen Blicken und reicht mir 
die Hand und habt den Willen, zu helfen in all 
der Not, die uns beschieden sein wird. Wollet den 
Armen helfen, so helft Ihr Euch selbst. Die Zeiten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.