Full text: Die neue Zeit

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Als Josephine in den Garten zurückkam, ging 
Anne mit gerunzelter Stirn ungeduldig auf und ab. 
„Vater muß bald kommen.“ 
„Ja, Kind, es ist schon Feierabend.“ 
„Hat sich Antonie beruhigt?“ 
„Wird schon werden; mein Gott, in ihrem 
Zustand!“ 
„Mutter, entschuldigt denn wirklich solcher Zu— 
stand alle Launen, alle Torheiten —“ 
„Nun, nun!“ begütigte Josephine. 
„Ich meine, Ihr geht alle zu weit. Ist's 
nicht gerade in dieser Zeit Pflicht, sich selbst zu be—⸗— 
herrschen, größer, vollkommner zu werden?“ 
„Annele, das verstehst Du am Ende doch nicht 
so, gelt? Es geht eben den meisten Frauen so.“ 
„O, dann sind eben die meisten Frauen schwache 
Kinder —; wenn ich mir dächte —“ Anne voll⸗ 
endete den Satz nicht, sie sah vor sich hin, ver— 
schlossen und ernst. 
„Nun, Kind?“ fragte Josephine und legte die 
Häubchen zusammen. 
Anne sah die Mutter an. „Du hast recht, 
Mutter. Verstehen kann ich's wohl nicht. Aber 
weißt Du, ich hab' einmal das Größte, Herrlichste 
geträumt. Siehst Du, daß gerade der Traum nicht 
wirklich werden kann, das werd' ich, glaub' ich, nie 
überwinden.“ 
Josephine war vorsichtig zu Anne getreten und 
strich ihr zärtlich über den Arm, glücklich, daß die 
Verschlossene einmal der Mutter einen Blick in ihr 
Fühlen gewährte. 
„Kindle, warum denn nicht? Auch Dir könnte 
doch das Glück noch werden?“
	        
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