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drückung, des gemeinsamen grenzenlosen Elendes. Hätte Na-
poleon sich auf seine Zwecke besser verstanden, hätte er...
seine Unterjochten in gemächliche Ruhe eingeschläfert ...
oder ... auch nur mit dem Scheine der alten Freiheit spielend
ergötzt, so hätten. vielleicht Jahrhunderte seine Kette noch ge-
tragen. Die Tyrannei würde verderblicher ge-
wesen sein, hätte der Tyrann sich gemässigt.
Aber der Himmel bedurfte an ihm eines neuen
Beispiels, dassman nicht umsonst das Menschen-
geschlecht unter die Füsse treten... darf. Und
am Ende dieser Betrachtungen gelangt Feuerbach zu folgenden
Schlüssen1). „Was die Völker stark macht, ist nicht der Leib,
sondern die Seele; was sie unüberwindlich macht, ist ailein die
begeisternde Kraft des Herzens; was sie vor der Unterjochung
bewahrt, ist allein der kräftige Mut, der Freiheit wert zu sein.“
„Was die Thronen befestigt und aus grossen
Gefahren rettet, ist nicht bei diesem oder jenem
Stande, sondern bei der Gesamtheit der Unter-
tanen, ın dem Gemeinsinne der Bürger, in der
Liebe und Begeisterung für Fürsten und Vater-
Land.“
„Was die Staaten zum Untergange führt, ist,
wenn sie den Geist der Zeit nicht erkennen und
verstehen, und dem Siegerwagen des Genius der
Menschheit verblendet in die vom Abhang rol-
lenden Räder greifen.“
„Die Gegenwart mit ihren Erscheinungen
verkündigt nicht eine Rückkehr zur alten Zeit,
sondern nur die Fortsetzung und Entwickelung
einer schon lange begonnenen neuen Zeit.“
Kritik:
Auch der Geschichtsphilosophie Feuerbachs mangelt die
Originalität, auch sie steht unter dem Einfluss Kants, wenn
auch die Jdee eines Weltgeistes mehr hinüberweist auf
die Philosophie Schellings. Aber trotzdem muss anerkannt wer-
den: die glänzende Sprache, in die Feuerbach seine Gedanken
Ueber die Unterdrückung u. Wiederbf. (Kleine Schriften.) S. 26. 27.