Volltext: Stenographischer Bericht der 34ten Generalversammlung Deutscher Müller und Mühlen-Interessenten zu Nürnberg vom 17. bis 20. Juni 1906 (34. (1906))

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nisation in unserem Müllergewerbe geschaffen werden können, die es uns 
ermöglichen wird, den schönen Traum eines Mühlensyndikates über ganz 
Deutschland zu verwirklichen. 
In meiner engeren Heimat, der Niederlausitz, haben die Müller den 
von mir empfohlenen Weg betreten und sich zu einem Verbande mit 
gleichen Interessen und Zielen zusammengeschlossen, um durch gemein— 
schaftliche Verkaufsbedingungen die eingerissenen Unsitten zu beseitigen. 
So bescheiden die von uns aufgestellten Bedingungen sind, da wir keines— 
wegs die Preise diktieren wollen, sondern uns im wesentlichen darauf be— 
schränken, nicht länger als auf 3 Monate vorzuverkaufen, die Baisseklausel 
zu beseitigen und Zahlung in längstens 2 Monaten zu fordern, so sind wir 
dennoch bei unseren Kunden auf Widerspruch gestoßen, weil dieselben 
durch die Reisenden und Agenten von den Mühlenfirmen, die sich unserem 
Verbande nicht angeschlossen haben, geradezu aufgehetzt worden sind. 
Ist man doch so weit gegangen, daß ein von unserer Seite an eine 
außerhalb unseres Vereins stehende Mühlenfirma gerichteter Brief durch 
den Vertrauensbruch ihres Reisenden dem Innungsvorstande der Bäcker 
übergeben, von diesem in der Fachzeitung wörtlich bekannt gemacht und 
unser Verein öffentlich heruntergezogen worden ist. Solche Vorkommnisse 
sind tief bedauerlich und ich möchte an dieser Stelle öffentlich dagegen 
Protest erheben! 
So wenig ermutigend die mitgeteilten Vorgänge sind, so zweifle ich 
nicht daran, daß sich auch in Müllerkreisen immer mehr die Überzeugung 
Bahn brechen wird, daß in der heutigen Zeit der Einzelne nichts, 
eine geschlossene Interessengemeinschaft aber viel erreichen 
kann. Ich bitte Sie, sehr geehrte Herren, dieses Ziel unentwegt im Auge 
zu behalten, dann wird auch der Erfolg nicht fehlen. Glück zu! 
Herr Blank-Kanzach: M. H., die Zeit ist sehr weit vorgeschritten 
und ich werde mich sehr kurz fassen. Aber doch dürfte es notwendig sein, 
auf die erfolgten Ausführungen einen kleinen Rückblick zu werfen. So viel 
steht unbestritten fest, daß in unserem Berufe, in der Müllerei, unhalt— 
bare Zustände geschaffen wurden. Diese Zustände, m. H., beruhen nicht 
auf natürlicher Entwickelung, sondern sie sind die Folge einer falschen 
Verfrachtung und die Folge der Vorteile der Massenfabrikation. Das ist 
unbestritten, das läßt sich nicht mehr ableugnen. 
Wenn wir kurz auf die Sache eingehen wollen, so entwickelt sich die 
Frage: können in dieser verwirrten Lage Mittel und Wege gefunden 
werden, um die Zustände auf freiwilligem Wege, durch eine freiwillige 
Vereinigung zu bessern, oder sind staatliche Zwangsmittel, ist ein Hilfs— 
gesetz, wie Herr Professor Ruhland ausführte, notwendig? Eine freie Ver— 
einigung halte ich für vollkommen unerreichbar, und, m. H., wenn wir 
bedenken, daß den Bestrebungen der Umsatzsteuer schon entgegengehalten 
wird, es sei ein Eingriff in die Gewerbefreiheit, so denken Sie darüber 
nach, welchen Widerstand wir finden würden, wenn wir die Forderung 
stellen würden, wie Herr Professor Ruhland sie stellt oder zu stellen uns 
empfehlen möchte, — unser Bestreben dahin zu richten, Zwangsgesetze für 
die Bildung von Zwangssyndikaten zu erreichen! Ja, das wäre doch, 
möchte ich sagen, ein Eingriff in die freie Entwicklung, ein Eingriff in
	        
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