Volltext: Stenographischer Bericht der 34ten Generalversammlung Deutscher Müller und Mühlen-Interessenten zu Nürnberg vom 17. bis 20. Juni 1906 (34. (1906))

3 
einer Tonne Getreide in die entsprechende Menge Mehl und Kleie. Ich 
hin der Meinung, daß wir nach dieser Richtung ziemlich große Differenzen 
baben, vielleicht 10 Mk. oder nur 9 Mk. pro Tonne bei den großen 
Mühlen, und bei den kleinen steigt es auf 14, 15, 16 Mk. pro Tonne, 
F das selbst aus den Büchern gesehen habe und deshalb daran 
glaube. 
Wir haben ferner eine sehr starke Übersetzung der Offerte und das 
ist ein Moment, welches bekanntlich die gleichen Empfindungen wie bei 
der UÜberproduktion hervorruft. Sie, m. H. haben unter unseren heutigen 
Verhältnissen das Prinzip des Einzelverkäufers in Mühlenprodukten, also in 
Mehl und Kleie, beibehalten. Jeder einzelne Müller, auch ein Müller, der 
nur 1000 Zentner Mehl pro Jahr erzeugt, verkauft selbstverständlich durch 
seine Person, unter Umständen noch mit einem zweiten Gehilfen sein Mehl. 
Wir haben bei jeder mittleren Mühle von 15 bis 20 oder bis 30 und 
50 Tonnen Mehl 1 bis 3 und 4 Mehl- und Kleieverkäufer und so geht es 
fort. Die Folge davon ist, daß wir in denjenigen Gegenden, in denen Gott 
sei Dank die Zahl der Mühlen noch eine recht große ist, beobachten können, 
daß durchschnittlich auf 4, 5, 6 bis 7 Tonnen Getreide Tagesverarbeitung 
immer schon ein Verkäufer kommt. Kommen Sie in die Gegenden der 
Großmühlenindustrie, dann werden Sie sehen, daß diese Ziffer sich ändert. 
Ich habe feststellen können, daß hier durchschnittlich ein Mehlverkäufer erst 
auf 60, 70 bis 80 Tonnen Tagesverarbeitung kommt. Und wenn ich die 
Umrechnung danach mache, wie viel Einzelverkäufer auf einen Bäcker 
treffen, dann finde, ich, daß 4 oder 5 Mehlverkäufer einem Bäcker ent— 
sprechen. Diese UÜbersetzung der Offerte hat aber welche Folge? Sie 
hat die Folge, daß die Bäcker mit Offerten überlaufen werden. Kaum 
ist ein Mehlagent weg, kommt ein anderer, und so ist der Bäcker in der 
Bäckerstube, um mit Herrn Dr. Sellnick zu reden, in der Lage, einen 
gegen den anderen auszuspielen. 
Ich möchte ein Beispiel aus einem anderen Geschäft anziehen, um 
Ihnen die große Bedeutung des Prinzips der Einzelverkäufer im Mehl— 
geschäft möglichst kurz klarzulegen. M. H., unsere Landwirte haben auch 
das Prinzip des Einzelverkäufers beim Getreide. Jeder verkauft selbst, 
was er zu verkaufen hat, und dann haben wir einige Genossenschaften, 
welche diesen Verkauf besorgen. Eine solche Genossenschaft hat z. B. 50 
— 
ihre 50 bis 100 Tonnen an Goder 8 Agenten und diese bieten ihr Getreide 
aus wie „sauer Bier“. Ich habe selbst, als ich vor einiger Zeit einen 
Müller besuchte, gesehen, daß eine Offerte von 100 Tonnen kam, und es 
dauerte nicht lange, da kam von einem anderen Agenten eine Offerte von 
100 Tonnen und bald auch noch von einem dritten. Das waren dieselben 
100 Tonnen Getreide, die an 5 oder 6 Agenten zum Verkauf gegeben 
worden waren. Diese Genossenschaft schrieb in die Welt hinaus: kauft 
mir meine 100 Tonnen ab! Ich war aber auch eine Zeitlang in einem 
Getreidegeschäft in London und zwar bei einer der größten Firmen: 
Ralli Brothers, und als der Börsendisponent zum ersten Male mit 
mir an die Börse ging, wußte ich, daß er 10 gewaltige Segler Weizen 
zu verkaufen hatte. Dieser hat es anders gemacht. Er hat es nicht so
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.