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— zum Teil oder allein — zur Herstellung der Verbindung zwischen Taste und Spielventil,
einer Verbindung, welche den Zweck hat, durch den Tastenniederdruck das die Pfeife ver—
schließende Spielventil zu öffnen und damit den in der Windlade befindlichen Wind in die
Pfeife einstrsmen zu lassen. Allerlei Übelstände, die mit der früheren Mechanik verbunden
waren, haben die Orgelbaumeister veranlaßt, über eine neue, bessere Konstruktion nachzudenken,
und nach mancherlei Versuchen kann nun das Ziel als erreicht angesehen werden.
Man unterscheidet im allgemeinen zwei Hauptarten von pnenmatischer Konstruktion:
) den pneumatischen Hebel, 2) die Röhrenpneumatik.
Beide Arten sollen durch Nachstehendes kurz erklärt werden:
V In den Orgeln alter Konstruktion wird das Sichöffnen des Spielventils dadurch
bewirkt, daß beim Niederdruck der Taste die einerseits mit ihr, andererseits mit dem Spiel—
odentil verbundene mehr oder minder komplizierte Mechanik (bestehend aus Abstrakten, Wellen,
Winkeln u. s. w.) in Bewegung gesetzt und dadurch das Spielventil aufgezogen wurde. In
großen Orgelwerken nun ergeben sich daraus allerlei Unannehmlichkeiten: Beim Schleifladen—
system werden sehr große Ventile nötig, bei den Röhrenladensystemen aber müssen durch einen
und denselben Castenniederdruck immer sehr viele Ventile zugleich geöffnet werden. Je größer
aber die Ventile sind oder je größer die Anzahl der gleichzeitig zu öffnenden Ventile ist, ein
desto größeres Hindernis bildet der beim Spielen zu überwindende Luftdruck. Darum ist bei
großen Orgeln die Spielart häufig eine überaus schwierige und viel Muskelkraft erfordernde,
so daß ein rasches, leichtes Spiel zur Unmöglichkeit wird. Man hat alle moglichen Versuche
gemacht, diesem Übelstande abzuhelfen. Als das Wirksamste (eigentlich als das allein wirklich
Wirksame) hat sich der von Charles Barker erfundene „pneumatische Hebel“ erwiesen
zuerst bei der großen Orgel zu St. Denis zur Anwendung gebracht 1841). Das unangenehme
Geschäft, den großen Winddruck durch die Kraft der Finger und Arme (bezw. Füße) zu über—
winden, wird dem Spieler dadurch abgenommen. Er hat durch den Tastenniederdruck nur ein
kleines Ventil (das in besonderem Windkasten liegt) zu öffnen. Durch dieses Ventil strömt
der Wind in einen darüber liegenden Balg, an dessen Oberplatte die zum Spielventil füh—
rende Mechanik angebracht ist. Wird der Balg durch den einströmenden Wind aufgeschnellt,
so pflanzt sich diese Bewegung durch die ganze Mechanik fort bis zum Spielventil, welches
dadurch geöffnet wird. Der Orgelwind selbst also besorgt hierbei die früher dem Spieler zu—
gemutete Kraftleistung. Die Spielart wird dadurch durchaus angenehm und leicht, selbst bei
den größten Orgeln (wie z. B. in Ulm). Weitere Vorteile sind: größerer Ventilaufgang,
Begünstigung von Kombinationseinrichtungen, Erleichterung der Bandhabung der Begister—
züge u. a.
Das ist die eine Art der „Pneumatik“: „der pneumatische Hebel“. Die Mechanik
bleibt, aber die Schwierigkeit ihrer Handhabung wird durch den Wind selbst dem Spieler ab—
genommen. Man könnte das pneumatische Kraftübertragung heißen.
2) Etwas durchaus anderes ist die neuerdings immer allgemeiner in Anwendung ge—
brachte „Köhrenpneumatik“, die eine vollständige Umänderung im Orgelbau hervor—
gerufen hat. Ihr Wesen besteht darin, daß die Mechanik zwischen Caste und Spielventil
überhaupt wegfällt. Statt dessen ist zwischen beiden nur eine Böhrenleitung. Der durch
dieselbe zu- oder abgeleitete Wind allein öffnet das Spielventil. Von wie großem Vorteil
diese Einrichtung ist, — vorausgesetzt, daß die Konstruktion nicht zu kompliziert und daß sie
durchaus zuverlässig ist, — liegt auf der Hand. Die Vorzüge, die der pneumatische Hebel bietet,
sind hier alle auch zu finden, nur in erhöhtem Maße, und alle die ärgerlichen Mißstände,
welche durch Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsverhältnisse so häufig hervorgerufen werden,
alles Klappern der Mechanik und anderes mehr ist damit beseitigt. Seit geraumer Zeit wird
an der Erfindung und Vervollkommnung dieses Systems gearbeitet, und eine ganze Reihe
von Orgelbaumeistern hat sich um die Sache verdient gemacht. Namen führe ich nicht an,
nur deshalb, weil ich nicht gerne irgend einen, der mir vielleicht nicht genügend bekannt ist,
ungerechterweise übergehen möchte. Auch ist es sa nicht mein Zweck, eine Geschichte der