Full text: Festgabe zur 14. Hauptversammlung des Bayer. Volksschullehrer-Vereins

112 — 
das, in der Werktagsschule Gelernte zu befestigen und mit Rücksicht auf das 
praktische Leben zu ergänzen. Daß die Mädchen, welche der Werktagsschule ent— 
wachsen waren, noch einige Jahre unter die Aufsicht der Schule und der Kirche 
gestellt wurden, — denn mit der Sonntagsschulpflicht verband sich auch für die 
Mädchen die Verpflichtung zum Besuche der sonntäglichen Christenlehre — war vom 
Standpunkte der Erziehung gewiß nicht zu unterschätzen. Allein bei der geringen 
Stundenzahl, welche für den Unterricht festgesetzt wurde, Ihe bis 2 Stunden jeden 
zweiten Sonntag nachmittags, waren von vorn herein erhebliche Unterrichtserfolge 
ausgeschlossen. Und außerdem hatte die Einrichtung von Anfang an unter der 
Abneigung vieler Eltern und Dienstherrschaften, die Töchter und Dienstmädchen am 
Sonntag Nachmittag in die Schule zu schicken, unter der Ungleichmäßigkeit in der 
Vorbildung der Schülerinnen wie unter dem fortwährenden Wechsel derfelben im 
Laufe des Schuljahres zu leiden. Um den aus der Werktagsschule austretenden 
Schülerinnen Gelegenheit zu weiterer Ausbildung zu geben, errichtete der Magistrat 
daher im Jahre 1873 eine Mädchenfortbildungsschule, die sich allmählich zu einer 
Handelsschule für Mädchen entwickelte, und im Jahre 1896 die 8. Klassen der 
Werktagsschule, in welchem vor allem auf die Heranbildung der Mädchen zu tüchtigen 
Hausfrauen Bedacht genommen wird. Da äber zur Aufnahme in diese Schulen 
ein gewisses Maß von Kenntnissen nachzuweisen und der Besuch derselben ein 
durchaus freiwilliger ist, so wird die Mädchensonntagsschule immer noch von der 
großen Mehrzahl der aus den hiesigen Werktagsschulen austretenden und von aus— 
wärts hieher überwiesenen Mädchen besucht. 
2. Einrichtung und Leitung. 
Zu jeder Gruppe der Werktagsschulen gehört auch eine Mädchensonntags⸗ 
schule. Demgemäß gliedert sich dieselbe in drei Hauptgruppen. Es gibt prote— 
ttantische, katholische und simultane Mädchensonntagsschulen. Da der Besuch dieser 
Schulen ein dreijähriger ist, so bestehen erste, zweite und dritte Kurse— Für 
Schülerinnen, welche am Sonntag nicht abkommen können, sind Werktagskurse, für 
Schülerinnen, welche im Laufe des Schuljahres von auswörts überwiesen werden, 
Sammelkurse, für solche endlich, welche aus irgend einem Grunde an den öffent— 
lichen Kursen nicht teilnehmen wollen, Privatkurse mit mäßigem Schulgelde einge— 
richtet. Der Unterricht in diesen letzteren findet in wöchentlich einer Stunde an 
einem Werktage, in der Regel am Mittwoch statt. In allen Kursen wird derselbe 
von den Lehrern der Volksschule erteilt. Die Aufsicht üben die acht Inspektionen 
der Volksschule. 
3. Lehrgegenstände und Unterrichtszeit. 
Die Unterrichtsgegenstände der Mädchensonntagsschule sind dieselben wie in 
der Werktagsschule. In den Privatkursen wird vieifach auch häusliche oder ge— 
werbliche Buchführung gelehrt. 
Die Unterrichtszeit umfaßt jeden zweiten Sonntag die Stunden von 1453 Uhr 
nachmittags. In den Werktags- und Privatkursen wird der Unterricht gewöhnlich 
am Mittwoch von 11-12 oder nachmittags erteilt. 
4. Zahl der Lehrkräfte und der Schülerinnen. 
Im Schuljahr 1897,98 bestand die Mädchensonntagsschule aus 86 Kursen 
pit ebensoviel Lehrern und mit 3187 Schülerinnen. Und zwar gehörten von diesen 
dursen: 
zu prot. Schulen 36 mit 1372 Schülerinnen — 43,04 Proz. 
zur kath. Schule II, 508 , a 15,959 , 
zu Simultanschulen 39, 1307 — 41,011, 
Die Verteilung der verschiedenen Kurse auf die drei Schulgruppen zeigt fol— 
gende Ubersicht:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.