8,
ten Jüngling‘“! von 1547, die gar keinen Zweifel darüber lässt, dass
man damals den Begriff Melancholie in erster Linie in unserm mo-
dernen Sinne verstand und gebrauchte. Im Eingang des Gedichtes
wird der seelische Zustand des Jünglings geschildert: voll Ueber-
druss an sich und der Welt, voll „Schwermut und Kummer‘“‘,
voll „Schwermütigkeit‘, wie es gleich darauf nochmals heisst.
Auf die Frage der Philosophia, was ihm fehle, wiederholt der
Jüngling, dass er sich in Schwermütigkeit sehr weit verirrt und
verwickelt habe, wie in einem Labyrinth. Die Philosophie soll ihm
drauss helfen. Darauf zeigt ihm die Philosophie „den aller-schnöd-
sten gast‘, der. dem Jüngling die ganze Nacht mit seinem falschen
Einblasen keine Ruhe noch. Rast gelassen hat, ein altes hässliches
Weib mit dürrem gelbem Angesicht. Sie will nicht von ihm weichen.
Erst auf den Befehl der Philosophie verschwindet die ‚alte Hexe“
und droht mit grossem Brummen bald wieder zu kommen. Sobald
sie verschwunden ist auch die Traurigkeit des Jünglings weg. Die
Philosophie erklärt ihm, das sei die „Melancolia‘‘ gewesen,
«Die dir so mancherley
Ein-bliess der phantasey,
Darmit die leut sie plagt,
Macht forchtsam, un verzagt.
Klein ding kan sie gross machen,
Das einfeltig vierfachen,.
Das kurtz das macht sie langk.
Wo sie nembt uber-schwanck, (= überhandnimmt)
Da wirt der mensch betaubet TO -
Unnd seiner sinn beraubet,
Auch etwan an dem endt
An sich selh legt sein hend.»
Also fast wörtlich wie schon bei Konrad von Megenberg!
Um das Uebel mit der Wurzel auszureissen soll der Jüngling
inneren Zwiespalt sich ausschlagen mit fröhlichen Gedanken, mit
gutem starkem Hoffen, mit Geduld, Gottvertrauen, Arbeit, guten
Büchern, er soll fröhliche Gesellen aufsuchen, die Einsamkeit
fliehen und an das ewige Leben denken, wo alle Qual ein Ende
hat. — Erwacht denkt der Jüngling darüber nach
1 Ausgabe von A. von Keller in der, Bibliothek des lit. Vereins
Stuttgart Band 105, S. 141 fg.