L58
unerfreulich an unser Ohr klang, über Hans Sachs abspricht. Indes
sind die „Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede - Kunst“
„von einem ehrbaren Mitgliede der Hans-Sachsen- und Frosch-
mäusler-Gesellschaft, D. Johann Ernst Philippi“ (Altenburg, 1743)
nicht ernst zu nehmen. Der pathologisch veranlagte, moralisch und
ohysisch bereits dem Untergange verfallene Verfasser, der Liscows
wuchtige Streiche als elender Skribent zu kosten bekommen hatte,*
hat in dieser satirischen, oft zotigen Schrift wiederholt Hans Sachs
und den Froschmäusler als Muster der edlen Reimschmiedekunst
bloßzustellen sich bemüht. Der Ton, in dem Hans Sachsens ein-
stige Berühmtheit vorgetragen wird, erinnert an Schwabes über-
mütige Selbstanpreisung Hans Sachsens. Der Meistersänger wird
natürlich nur als Autorität für Dichtungen niederster Art, für
„Quodlibete“, „Devisen“, „Chemper - Lieder“ angerufen. Irgend-
welche Kenntnis des Hans Sachs verrät sich nirgends, die Wert-
losigkeit der Philippischen „Regeln“ wird dadurch nur bekräftigt.
Wieder wäre es nun sehr unvorsichtig, wollte man allein aus
dem, was in Poetenkreisen an Hans Sachsens Namen geheftet wurde,
Hans Sachsens Stellung im literarischen Urteil bemessen. Wie ehe-
dem, so hat auch jetzt der Meistersänger seine objektiven Beurteiler
im Bereiche literaturgeschichtlicher Arbeit gefunden. Bereits der
zweite Abschnitt dieser Untersuchung konnte mit dem Hinweise auf
die Sammlung von Meisterstücken, die von Rostock aus das Ansehen
Hans Sachsens zu fördern suchten, geschlossen werden. Und nun
ist es gerade der literarische Mittelpunkt Norddeutschlands —
Hamburg —, von wo aus dem Namen Hans Sachsens, der dort
schmählich genug mißbraucht worden war, neuer Glanz verliehen
werden sollte. War schon in jenen Tagen der Erniedrigung in einer
zu Kiel herausgegebenen KEinladungsschrift (1703)? Hans Sachs
gegenüber ein anderer Ton angeschlagen worden, hatten dann Georg
Heinrich Götzens „Vermischte Anmerckungen Von Gelehrten
Schustern“ (1729) Hans Sachs ernsthaft von den Reimschmieden
and Pritschmeistern zu trennen gewußt? und hatten ferner die
1 Vgl. B. Litzmann, Chr. L. Liscow. Hamburg und Leipzig, 1883,
S, 47—95, und Allg. deutsche Biographie, 26. Bd, (Leipzig, 1888), S. 78.
2 Ranisch a. a, O0. S. 231 (0).
3 Georg Heinrich Götzens, Der Heiligen Schrifft Doctoris, und
SAuperintendentis zu Lübeck, Vermischte Anmerckungen Von Gelehrten