Volltext: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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von Adler, einem weiter nicht berühmt gewordenen Dichter, in 
frischer Erinnerung an dessen Tod: „Ich bat ihn oft, mir ein altes 
Lied aus seinem Vorrath vorzutrillern, weil er am Vergnügtesten war, 
wenn er sang. Er wußte eins, von der Vergänglichkeit des menschlichen 
Lebens, welches in Hans Sachsens Reimen dieerhabensten 
Gedanken enthielt.“! Wie ganz anders klingt es dann wieder, 
wenn viel später der jugendliche Wilhelm. Heinse in einem Briefe 
an Gleim (Erfurt, 18. November 1770) geniemäßig über seinen 
Lebenslauf berichtet und diese Herzensergießung ironisierend mit 
Jen Worten abbricht: „Ich muß aufhören, in diesem Tone fortzu 
schreiben, sonst möchten Sie ihn für eine Art von Hanns Sachsens 
grünen, blauen, scharlachnen, gelen und grünen halten und mich für den 
leibhaftigen modernen Sancho Panßa“* Das war so ein unschuldiger 
Nachhall der Stimmung, in der man sich zwei, drei Jahrzehnte früher 
wiegte und der selbst ein so wackerer Fabulist wie Christian Fürchtegott 
Gellert verfiel. Zwar ist es nicht unbeachtet geblieben, daß die 
Geschichten von zänkischen Weibern, wie sie Hans Sachs liebt, 
auch bei Gellert wiederkehren,? an eine Nachwirkung Hans Sachsens 
ist aber dabei nicht zu denken. Man braucht sich nur an die ab- 
schätzigen Bemerkungen zu erinnern, die Gellert über die „unge- 
hirnten Meistersänger“ und über Hans Sachs in dem Abriß „Nach- 
richt und Exempel von alten deutschen Fabeln“ + (gezeichnet : 
Leipzig, im Märzmonate 1748) niedergelegt hat. Gellert bietet hier 
einen Abklatsch der in der Schweizer „Sammlung“, auf die er auch 
hindeutet, ausgesprochenen Ansicht. Um Hans Sachs unmittelbar 
nachzuahmen, dazu war Gellert doch auch zu sehr Salon-Poet, 
übrigens erklärte er ja selbst, „ein Original“ zu sein, was natürlich 
nicht zu streng zu nehmen ist. Etwas anders steht es mit dem 
Fabeldichter Magnus Gottfried Lichtwer, dem auch Gottscheds 
ı Vgl. Ewald von Kleists Werke. Hg. von A. Sauer, Berlin, Hempel, 
1881—82, 2, 17. Anm. 1. Adler war Husarenoffizier und wurde 1745 in einem 
Scharmützel bei Landshut erstochen. Kleist hatte 1789 ein Gedicht an 
Herrn Rittmeister Adler verfaßt. 
2 W. Heinses sämmtl. Schriften. Hg. v. H. Laube. Leipzig, 1838, 8. Bd., 
8. 9. Briefwechsel zwischen Gleim u. Heinse. Hg. VvV. K. Schüddekopf, 1, 
Weimar, 1894, S. 8. 
3 Vgl. Karl August Mayer, Hans Sachs, im Archiv f. d. Stud. d. n. 
Sprachen, hg. von Herrig, 40 (1867), S. 268. 
4 Ch. F. Gellerts sämmtliche Schriften. Leipzig, 1775. 1, XXVUIL.
	        
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