Full text: Das Nachleben des Hans Sachs vom XVI. bis ins XIX. Jahrhundert

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poetische Glaubensbekenntnis der Schweizer in Breitingers „Critischer 
Dichtkunst“. Hans Sachs wird darin nicht berührt. Einmal taucht 
zwar der Ausdruck „Pöbel unsrer heutigen Meister - Sänger und Reim- 
Bezwinger“ auf (1, 116), aber Breitinger empfiehlt doch die Anwen- 
lung der voropitzischen Reimpaare(2, 454, 468). Seit dem Erscheinen von 
Breitingers „Critischer Dichtkunst“ begann sich das Verhältnis zwischen 
Gottsched und den Zürichern, das bisher ein recht leidliches ge- 
wesen war, scharf zuzuspitzen, von nun an wurden fleißig Waffen 
geschmiedet. Im Juni 1741 begann Schwabe in seinen „Belusti- 
gungen des Verstandes und Witzes“ mit der Veröffentlichung einer 
ganz flott geschriebenen, gegen Bodmers „Charakter Der Teutschen 
Gedichte“ gerichteten komischen Epopöe „Der deutsche Dichterkrieg“ 
loszulegen.! Als die Göttin Eris in Gestalt des Vaumillon (Mauvillon) 
Bodmers Gedicht in die Unterwelt bringt, soll es zuerst Opitz vor- 
lesen. „Der demüthige Dichter aber weigerte sichs, und meynte, 
Jaß Hans Sachs sein Vorgänger gewesen wäre; dem er nicht vor- 
zreifen wollte. Doch auch dieser nürnbergische Meistersänger war zu 
bescheiden, diese Ehre anzunehmen. Er berief sich auf Ottfrieden . . .“.* 
Schließlich übernimmt von Bergen? das Amt eines Vorlesers. Die 
Vorlesung nun wird wiederholt von den unzufriedenen Zuhörern 
anterbrochen. Auch die Meistersänger scharen sich, als ihrer nicht 
gedacht wird, zusammen. „Hans Sachse, der berühmte nürnbergische 
Poet und Erzvater der neueren Meistersinger, hatte einen Haufen 
Dichter an sich gezogen, der nicht zu übersehen war“. Er beruhigt 
seine Zunftgenossen und hält folgende Ansprache :* „Edle Ver- 
sammlung, ich höre schon aus allem, daß meiner, und aller dieser 
meiner Mitbrüder, auf eine unverantwortliche Weise vergessen worden. 
Wie aber? ist es auch wohl zu begreifen, daß die Nachwelt so un- 
lankbar seyn kann? Ist es denn nicht weltkündig, daß ich zu meiner 
1 Über seinen Inhalt kann man sich jetzt am bequemsten unterrichten 
aus Bächtolds Einleitung zu dem Neudruck in den Deutschen Litteraturdenk- 
malen des 18. Jahrhunderts, hg. von B. Seuffert, 12, Heilbronn, 1883, 
3, X—XXXIV. Bächtold nimmt Schwabe als den Verfasser des „Dichter- 
krieges“ an und spricht ihn Gottsched entschieden ab (S. X). Waniek (Gottsched, 
S, 436) nennt ihn aber Gottscheds „Dichterkrieg“, 
2 Vgl. Belustigungen, Brachmond 1742, S. 529. 
3 Der Milton-Übersetzer Ernst Gottlieb von Berge. 
Belustigungen, Wintermonat 1742, S. 460 — 461.
	        
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