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Umformung aus anderen teils weltlichen, teils geistlichen Liedern
entstanden sind. Die Verbreitung der Lieder war, wenn wir von dem
der Verfasserschaft nach zweifelhaftem Liede „Warum betrübst du dich,
mein Herz“ absehen, keine allzu große, erwähnenswert erscheint jedoch,
daß frühzeitig Hans-Sachsische Lieder ins Niederdeutsche übertragen
wurden, so schon seit 1525, namentlich aber erscheinen sie im
Rostocker Enchiridion (1531) und im Magdeburger Gesangbuch (1534).
Wenn Hymnologen früherer Zeit sich mit Hans Sachs als Lieder-
dichter befassen, so handelt es sich dabei gewöhnlich nur um das
Lied „Warum betrübst du dich, mein Herz“, während die übrigen
Lieder nicht genannt werden, sie tauchen nur in verschiedenen Lieder-
sammlungen auf. Von 18 Hans-Sachsischen Liedern, die Albert
Friedrich Wilhelm Fischer in seinem Kirchenliederlexikon (Gotha,
1878—1879) verzeichnet, haben sich nur vier bis in die zweite
Hälfte des 17. Jahrhunderts in den Gesangbüchern erhalten. Es sind
dies die Lieder:
„Herr wer wird wohnen in Deiner Hütt“
„Herr wie lang willst vergessen mein“,
„O Jesu zart, göttlicher Art“,
„Wach auf meins Herzen Schöne“,
Das an zweiter Stelle genannte läßt sich am weitesten herauf ver-
folgen — bis 1676. Von den hervorragenderen Liedersammlern hat der
Nürnberger Professor und Prediger bei St. Sebald Johann Michael
Dilherr in seinem Gesangbuche „Bey 1000 Alte und Neue Geist-
liche Psalmen, Lieder und Gebete“ (Nürnberg 1654) auch Hans Sachs
zu Ehren gebracht und vier seiner Lieder — „Warum betrübst du
dich“ mitgerechnet — unter Hinzufügung von Hans Sachsens Namen
aufgenommen. ! Das Lied „O Jesu zart, göttlicher Art“ ist eine
Umdichtung des Liedes „Maria zart — von edler Art“. Dieses Marien-
lied, das gegen Ende des 15. Jahrhunderts entstanden sein wird,
hat sich in katholischen Gesangbüchern durch das ganze 17. Jahrhundert
erhalten und gewann durch Nachbildungen und Umdichtungen in der
katholischen und evangelischen Kirche eine große Verbreitung.* Nach
1 Der Katalog 100 von Ludwig Rosenthal in München verzeichnet unter
Nr. 690 eine Handschrift (Gesangbuch) aus der Mitte des 17. Jahrhunderts;
unter den darin vertretenen Liederdichtern findet sich auch Hans Sachs.
2 Hoffmann von Fallersleben, Geschichte des deutschen Kirchenliedes.
92. Ause., Hannover, 1854, S. 454—457.