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dachte und urteilte. Ich wollte nicht eine bloße Sammlung von Stellen
geben, die im einzelnen oft recht belanglos leicht. zu unrichtiger Auf-
fassung Veranlassung bieten, sondern wie sich das Bild Hans Sachsens
von den wechselnden Zeit- und Literaturströmungen abhebt, das
wollte ich darstellen. Freilich mußte ich auch wieder die Vertreter
der verschiedenen literarischen Richtungen mit ihren charakteristischen
Äußerungen vorführen und so werde ich manchmal den einen zu viel,
den andern zu wenig getan haben. Gewiß wird auch bei dem Um-
fange des Stoffes noch da und dort Beachtenswertes auftauchen. So
entnehme ich z. B. dem Bericht der Deutschen Kommission der
königl. preußischen Akademie der Wissenschaften (Sitzungsberichte der
Akademie 1904, S. 242), daß eine Bearbeitung Hans-Sachsischer
Fastnachtsspiele aus dem 17. Jahrhundert entdeckt worden sel.
Ein Nachschlagewerk über alle — auch unbedeutende —- Stellen,
an denen Hans Sachs in der Folgezeit erwähnt wird, wollte ich jeden-
falls nicht zusammentragen. Ein solches Werk anzulegen, wäre
meines Erachtens in diesem Falle auch zwecklos, denn Abschreiben
und verständnisloses Nachbeten haben das richtige Verständnis für
Hans Sachs vielfach beeinträchtigt, seinem Ansehen geschadet. Aber der
Gegenwart erwächst aus solchem lehrreichen Rückwärtsschauen die
Pflicht, auch heute in der Überschätzung Hans Sachsens nicht zu
weit zu gehen. Vieles von dem, was er geschaffen hat, ist doch
immer totes Handwerkserzeugnis geblieben.
Was die Anordnung des Stoffes anlangt, so möchte ich nur
bemerken, daß ich mich aus Gründen der Übersichtlichkeit und Zweck-
mäßigkeit veranlaßt fühlte, einigemale ohne Unterbrechung über
einen größeren Zeitraum hinwegzuschreiten und Zusammengehöriges
zusammenzufassen. So habe ich gleich im ersten Abschnitt das
Fortleben Hans-Sachsischer Stücke auf der Bühne vorweggenommen
und ebenso die Bildnisse des Meistersängers zusammengestellt, im
zweiten Abschnitt wurde das Fortleben seiner Lieder im Zusammen-
hange dargelegt.
So oft ich mich mit dem Nachleben des Hans Sachs beschäftigte,
habe ich immer wieder dem literarischen Sammeleifer des Altenburger
Professors Salomon Ranisch, wie er sich in seiner „Lebens-
beschreibung Hanns Sachsens“ (Altenburg, 1765) ausprägt, im
Stillen meine Hochachtung bezeigen müssen. Solange wir keine neue
wissenschaftliche Darstellung vom Leben und Schaffen des