Volltext: Veit Stoß und seine Schule in Deutschland, Polen und Ungarn

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heute die Kritik zwei unter sich verschiedene und auch zeitlich 
getrennte Werke, die anmutige kleine Pieta in der Jacobskirche 
(Fig. 83) und die sogenannte Nürnberger Madonna, nicht mehr 
in Beziehung zu Stoss zu bringen“). 
Die als höchste Blüte der Nürnberger Skulptur gepriesene 
Nürnberger Madonna im Germanischen Museum ist heute wohl 
allgemein als Holzmodell aus der Vischerschen Werkstatt, das 
die Bronzegusstechnik erkennen lässt, anerkannt”). Wie weit 
aber steht die altertümliche Pieta vom Vischerschen Kunst- 
charakter ab! Für den flüchtigen Beschauer äusserlich vielleicht 
ähnlich durch das Kopftuch und das schmerzlose Gesicht er- 
scheinend, zeigen beide Mariengestalten bei näherer Prüfung 
ganz abweichende Formenbildung. Abgesehen von der renais- 
sancemässigen Gewandbildung ist der Bau der Nürnberger 
Madonna im Gegensatz zu der untersetzten knieenden Maria der 
Pietä äusserst schlank. Kopfform, Mund und Augenbildung sind 
gänzlich verschieden. Die Nase ist lang und dünn, die Nasen- 
Qügel sind flach, und als deutlichstes Kennzeichen der beider- 
seitigen Unabhängigkeit ist die Form der schlanken zusammenge- 
schlagenen Hände ganz anders als bei jener Maria, deren Hände 
oreit und fleischig sind. Wenn man einen Meister finden wollte, 
dem die Pietä nahe steht, so würde die gewiss beabsichtigte 
Schaustellung der schönen, aber doch leeren Gesichtsform viel 
eher der seelenlosen Manier Wolgemuts entsprechen“), Und tat- 
aufkommen, dass Veit der Künstler dieser Arbeit ist: Die Zeit der Entstehung sei 
die spätere, als die grosse Kruzifixgruppe in der Sebalduskirche entstanden ist. — 
Die Empfindung der Figuren ist gar nicht so tief, wie Bode, p. 130, meint. Auch 
P. J. Ree, im Führer der Jacobskirche, nennt diese Gruppe eine vortreffliche Arbeit 
des Veit Stoss. 
785) REe meint, dass diese anmutige Pietä von dem unbekannten Meister der 
sogenannten Nürnberger Madonna herrührt. Ihm zufolge soll auf der mit dem 
Murrschen Wappen versehenen Konsole die Aufschrift stehen: Anno 1572 (!), renoviert 
1782. Heute fehlt sowohl Wappen wie Aufschrift. Wenn Bode beide Werke auch 
Veit Stoss fest zuzuschreiben nicht geneigt war, so erkannte er in ihnen doch eine so 
grosse Verwandtschaft, dass sie nur von einem Meister herrühren könnten. 
?59) Aus der Verwandtschaft mit den Apostelfiguren am Sebaldusgrabe und mit dem 
kananäischen Weibe (nicht Schwester des Lazarus!) auf dem Tucher-Epitaph gab sie 
G. v. Bezold als vischerich aus (Mitteil, des Germ. Nationalmuseums, 1896. S, 29 No. 2.). 
290) Die Gruppe ist sehr modern restauriert und bunt bemalt. Auffällig ist die 
zrosse, in der unteren Partie sehr starke Nase Christi.
	        
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