Volltext: Veit Stoß und seine Schule in Deutschland, Polen und Ungarn

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tun.““%) Der Kopf der Madonna ist indessen tatsächlich gar keine 
Kopie vom Krakauer Engel. Bei flüchtigem Vergleich könnte doch 
höchstens die volle runde Gesichtsbildung beider ähnlich erscheinen, 
aber weiter auch nichts. Das breite Kinn, der mut willig breitgezogene 
Mund, die gebogene Nase mit dem Rücken beim Krakauer Engel 
stehen in deutlichem Kontraste zu dem kleinen Kinn und kleinen 
Munde, zu der wenig gebogenen Nase und den über den schmalen 
Augen hochgewölbten Augenbrauen bei Maria. vom Nürnberger 
Altar. Überhaupt statt der bizarren Bewegung und dem stür- 
mischen Charakter der Engel sind sowohl die Haltung wie die 
Stimmung beider Figuren, Marias und Annas, ruhig, und ein 
leiser Zug von besorgt wehmütig Sinnendem liegt auf dem 
Antlitz der Madonna, was an die Dürerart gemahnt. Die Engel 
des Johannisaltars aber zeigen auffallend barocke Formen und 
Bewegungen, und ihre Gesichter sehen geradezu modern aus.?®) 
Für die Kritik ist es zunächst wichtig, festzustellen, wie 
der Johannisaltar ursprünglich aussah, denn sein Aussehen von 
heute entspricht nicht mehr dem von damals. Als vornehmste 
Fat Johannis des Täufers musste für den Mittelschrein die Taufe 
Christi auserwählt werden. (Fig. 75) Die Verzückung des Täufers 
unter den Engeln in der Wüste, wie früher die Hauptszene dieses 
\ltars fälschlich gedeutet wurde, würde diesen Hauptplatz im 
Altar nicht verdienen.”®) Aus der ungeschickten Zusammen- 
stellung der beiden auf getrennten Postamenten stehenden 
Gruppen, die weder die Höhe noch die Breite des Schreines 
füllen und deren geradliniger Abschluss mehr an die Seiten- 
wände des Schreines rechts und links reichen müsste, ist er- 
kennbar, dass zwischen ihnen etwas fehlt. Zwischen sie gehört 
261) Die Inschrift am Annaaltar lautet; Anno dmi am heiligen Auffartstag ver- 
starb die erber frau Otilia haintz Mayerin. Nach Koelitz sind die gemalten Flügel, die 
eigenhändige Arbeiten Hans von Kulmbachs sind, erst nach dem Tode des Meisters 
angefügt. 1523 war der Altar vollendet, Über dem Altarschrein stehen unter gotischen 
Baldachinen drei Figuren, von denen die mittelste, die stehende Anna selbdritt, im 
Gegensatz zur Gruppe im Schrein eine Gewandbehandlung aufweist, die an Stoss er- 
innern könnte. 
%65) Wieviel hieran die letzte Restauration schuld ist, lässt sich nicht entscheiden. 
266) Zebrawski, Mitteilungen der k, k. Zentralkommission, Neue Folge B. VII, 
p- 82 glaubt, dass Johannes die göttliche Eingebung zur Erteilung des neuen 
Glaubens erfleht.
	        
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