Full text: Veit Stoß und seine Schule in Deutschland, Polen und Ungarn

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Veit Stoss. Kompositionell aber ist die Anlehnung der Flügel- 
reliefs an Veits Vorbilder sehr auffällig. Geradezu eine Kopie 
nach dem Innenflügel des Marienaltars ist die Auferstehung. 
Der vom Deckel des Grabes herabsteigende Christus und die 
schlafenden Soldaten sind in denselben Stellungen bis auf die 
Helme beibehalten, nur sind die Gestalten kürzer gebildet.*°>) 
Die Szene des Ölbergs hat das Steinrelief Veits, der Marien- 
kirche gegenüber befindlich, zum Vorbild. (Fig. 14.) Die Körper- 
haltung und Handstellung des schlafenden Apostels hinter Christus 
ist wiederholt, und der schlummernde Johannes ist analog dem 
Petrus. Auch die Gruppe der Beweinung geht sowohl auf den 
Aussenflügel am Marienaltar als auch auf Veits Kupferstich B. 2 
zurück. (Fig.7) Vom Stiche ist der in grossem Bogen aufgewehte 
Mantel, der nur einen Teil des freien Raumes verdecken soll, 
herübergenommen. Die Köpfe Marias und Magdalenas, die in 
runder Bewegung, wie der schlafende Johannes auf dem Ölberg, 
viel zu weit nach vorn übergebeugt sind, zeigen ein Streben 
nach glatter Schönheit, und ihr Ausdruck büsst dabei jede 
wahre Empfindung ein. Wie Schauspieler zum Zuschauer 
sprechen müssen, so schauen auch hier die Personen aus dem 
Bilde heraus und sind mit ihrem ganzen Empfinden gar nicht 
von dem Vorgange durchdrungen. Dies beeinträchtigt hier sehr 
die Wirkung, während bei Veit Stoss die Figuren sich um die 
Beschauer nicht kümmern und bis ins Innerste von der Handlung 
ergriffen sind. Dieser altertümliche Repräsentationsstil®5®) und 
die altertümliche Befangenheit in der Durchbildung des nackten 
Christus mit der übermässig eingebuchteten Hüfte entsprechen der 
Goldschmiedtradition, und dies spricht wiederum für Stanislaus 
Stoss. Vergleicht man ferner noch den runden feisten Typus König 
Johann Albrechts mit den polnischen Gesichtern auf dem Stanis- 
lausaltar, vor allem mit dem König, dem vom hl. Stanislaus Pietro- 
win vorgestellt wird (Fig. 72), und mit dem Mittelsten im Hinter- 
zrunde der Grablegung der Stanislaus-Predella, so kann kein Zweifel] 
obwalten, dass alle diese Figuren dieselbe Hand verfertigt hat. Wenn 
auf dem späteren Stanislausaltar der die Handlung beeinträchtigende 
255) In der Predella erscheinen sie wie Zwerge. 
356) Vgl. Sokolowski, Studva
	        
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