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aus Deutfdland kamen ihn Zuhörer, fondern aus den Nieder:
landen, aus England, aus Schweden und Dänemark, aus Unz
gar, aus Polen, ja aus Sriedhenfand und Conftantinopel
famen Sünglinge zu ihın, und zu Zeiten hatte er 2000 3Zu-
Hörer um fich verfammelt, fo daß Fein Hörfnal fie falfen
fonnte, und fie noch an den offenen Thüren und Fenftern auf
feine NMede kaufehten.
Ganz befonders aber fühlte fi Luther zu im hingezogen ;
denn in Melandhthon fand er die nöthige Ergänzung feines
Mefens, wie er fie bedurfte, Gott Hatte Ddiefe beiden Männer
für einander gefhaffen, damit fie, jeder nach feinen Gaben, das
Cine Werk treiben, und darum Hatte fie au Gott zufammen
geführt. War Luther der gewaltige Streiter, der, ohne ab-
zuwägen, das Wort ausgehen ließ, fo blieb MelandHthon in
feiner Mugheit und Umficht auf ebener Bahn, und ließ durch
feine fare Begründung der Wahrheit dem Feinde keinen
Schlupfwinkel mehr übrig. Was Luther vol glühender Bes
geifterung erfaßt Hatte, Das wußte MelandhthHon eingehend und
far darzulegen. Wo Luther wie ein Sturmwind daher braufte,
dort wirkte Melandhthon wie ein befruchtender Früh= und
Spatregen. Luther mit einem glühenden Petrusherzen und
Melanchthon mit der innigen Liebe eines Sohannes — fie
gehörten zufammen, und fie blieben in dem Herrn, der {te
zufammen geführt hatte, fi treu bis au’s Ende. Kurz nach
Melanchthons Anfunft foOreibt Quther: „Ih bin älter als
Magifter Philipp, aber id f(däme mid nicht, von ihm zu
fernen.“ 1ud fo war 68 aucd. Luther, der vierzehn Jahre
äftere Lehrer, nahın gar oft mit Plag unter Melanchthon’8
Schülern. Und fpäter fagt er von in: „Ss ift auf Erden
Keiner, der folde Gaben Hätte als Shilippus; darum laßt
uns den Mann groß achten; wer ihn verachtet, der muß ein
von Gott verachteter Menfh fein.“ Und über feine Schriften