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Gewerbschulen komme eben unmittelbar kein Glas- und
Porzellanfabrikant, kein Bierbrauer, kurz kein ausübender
Gewerbsmann; denn sollte dies die Aufgabe der Gewerb-
schulen sein, so müsste jede derselben eine Universal-
fabrikanstalt sein. In der That musste der Name „Gewerb-
schule“ bei dem Publikum ganz falsche Anschauungen
hervorrufen, und Scharrer hatte gewiss recht, wenn er für
die neue technische Schule die Bezeichnung „Gewerbe-
vorbereitungsschule“ prägte. „Jahrhundertelang“, so fährt das
erwähnte Programm an einer anderen Stelle weiter, „war die
deschränkte, empirische Erlernung und Fortführung der
Gewerbe hinreichend, allein seit an die Stelle der menschen-
mordenden und verderbenbringenden Kriege der Kampf der
industrie und des Handels getreten sei, und seitdem durch
die Naturwissenschaften der Weg zu den überraschendsten
and fruchtbarsten Entdeckungen für Produktion und Fabri-
kation gebahnt sei, helfe kein Stillstehen oder gar Entgegen-
streben. Der technische Unterricht habe hier mit der
allgemeinen Schulung des Verstandes einzusetzen und müsse
dem künftigen Gewerbsmann grössere Empfänglichkeit für
empfohlene Verbesserungen anerziehen, damit er alle
Neuerungen beurteilen und für die speziellen Verhältnisse
anwenden könne. Wenn man nicht selten die Ansicht ver-
dreitet finde, die Gewerbschulen seien nur Vorbereitungs-
anstalten für technische Beamte, und die grössere
Zahl der Schüler habe thatsächlich nur dieser Richtung
angehört, so läge es nicht in der Absicht der Allerhöchsten
Stelle, dem Bildungskreise der Gewerbschule eine solche
Beschränkung zu geben.“ Das war wohl richtig, aber die
Gewerbschule hatte, ihrem Namen zum Trotz, ihre Aufgabe
„Bildung rationeller Gewerbsleute“ eben damals so wenig
arfüllt wie vorher und nachher.
Ungemein scharf und treffend spricht sich der Privat-
dozent und Lehrer der Mathematik an der gleichen Real-
schule, Dr. Recht, „über die Entwicklung der bayerischen
Gewerbschulen in den letzten 10 Jahren“ aus. Die prak-
vrische Tendenz der technischen Schulen habe durch