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oft durch Güt' ohn' Scherz Bekehret mit der Zeit Ein rachselig, feind—
selig Herz Wieder zu Freundlichkeit. Rach' wieder Rach' gebiert.“ Und
„ein bös⸗ Wort hat nie guts geboren“ heißt es in „Des Pompejus
Schelten*?. Auch zur Liebe und Dankbarkeit dem Vaterlande gegenüber
wahni ar das Volk und besonders die Jngend. So fordert er in dem
Liede⸗, Wider den blutdürstigen Türken“ alle Stände und Parteien des
Reiches zur einmüthigen Erhebung auf.
So mußten diese Lieder, die sich alle durch den den Singschulen
eigenen sittlichen Ernst auszeichnen, auch höchst wohlthätig wirken, und wir
finden es begreiflich, daß Hans Sachs bei seinen Kunstgenossen das größte
Ansehen genoß, daß diese ihn, was zu jener Zeit lebenden Dichtern gegen⸗
über fast unerhört ist, als ersten Meister der Dichtkunst priesen. Wenn
diese Seite seiner Thätigkeit von der Nachwelt nicht anerkannt wurde, so
trug dazu die ungewohnte, gekünstelte Form viel bei, da der Dichter an
die strengen, steifen Gesetze der Tabulatur gebunden war. Dem Schul—
gebrauche folgend, hat Sachs seine Meisterlieder fast sämmtlich ungedruckt
gelassen; sie sollten nur Eigenthum der Schule sein, diese zieren und er⸗
halten. Diese Kunst der Meistersänger war heiligen Zwecken gewidmet,
jede Veröffentlichung galt als Profanation. Wenn schon die ältesten
Minnedichter darüber klagen, daß ihre Lieder von den Zeitgenossen ver⸗
höhnt und verspottet werden, so kann es uns nicht wundernehmen, wenn
die Meistersänger die Veröffentlichung ihrer Lieder verboten, um sie
nicht dem Spotte der zeitgenössischen Gelehrten preiszugeben. Und vor—
nehmlich aus diesem Grunde hat Sachs seine Meistergesänge nicht drucken
lassen, „damit die Kunst nit in ein Unwert kumb“, nicht aber deshalb,
weil er diese seine Dichtungen selbst geringgeschätzt hat. Das war aber
ein Grund mehr, daß dieselben leichter und rascher in Vergessenheit ge—
riethen. Die Stürme und Wirren des dreißigjährigen Krieges konnten
das Ansehen der Dichtkunst überhaupt nicht fördern, das Zeitalter der
schlesischen Dichter hatte aber sowie das der Gelehrtenpoesie vollends
für den wackern Meistersänger nur Hohn und Spott. Die reichhaltigsten
Sammlungen von Handschriften der Meistergesänge Sachsens sind in
Dresden, 1 Bücher, welche Gottsched von dem berühmten Nürnberger
Arzte Thomasius gekauft hatte. Neben diesen und den in Leipzig, Berlin,
Göttingen und Weimar befindlichen Handschriften sind von großer Wichtig⸗
keit die von Dr. Herzog im Jahre 1853 im Rathsarchive der Stadt
Zwickau aufgefundenen Handschriften Sachsens in 12 Folianten, 1 Quart—
band nebst 1 Registerband; hievon enthalten 6 Folianten und der Quart⸗
band Meistergesänge. Bezeichnend ist es, daß alle diese Handschriftenbücher
des berühmten Meisters aus dessen Vaterstadt in die Fremde wanderten.
Wir gehen nun zur Besprechung jener Dichtungen über, welche
von Hans Sachs „Sprüche“ genannt weiden. Damit wollte er bezeichnen,
daß sie nicht zum Singen, sondern zum Sprechen und Lesen bestimmt
waren. Er wählte für dieselben statt der strophischen Form die für die
Volksdichtung geeigneteren Reimpaare von 4 Hebungen (8 Silben bei