Volltext: Die Schweden in Nürnberg

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„Wie kam es nur, daß ich Fräulein Helena Elisabeth 
beim Fest im Rathaussaal nicht sah? Fast möchte ich vermuten, 
sie sei demselben fern geblieben.“ 
„Gnädigster Herr haben recht, meine Tochter war plötzlich 
unpäßlich geworden und mußte sich niederlegen.“ 
„Aber ich entsinne mich doch deutlich, sie am Vormittag 
am Fenster Ihres Erkers gesehen zu haben; sie ist zu schön, um 
nicht jedem aufzufallen.“ 
„Freilich, es ist uns unbegreiflich, wie es so schnell kommen 
konnte, war sie doch beim Einzug Eurer Durchlaucht völlig wohl 
und munter gewesen. Tags zuvor noch bekundete sie ihre Freude 
an jenem Fest teilzunehmen. Mein Mann und ich wunderten 
uns allerdings darüber, da rauschende Vergnügungen im allge— 
meinen nicht dem Geschmack meines ernsten, siillen Kindes ent— 
sprechen.“ 
„Jetzt scheint sie aber doch völlig wieder hergestellt zu sein?“ 
fragte der Pfalzgraf weiter. 
„Unsre Befürchtung, es sei eine ernste Krankheit im Anzuge, 
ist gottlob umsonst gewesen. Dennoch will es mir manchmal 
scheinen, als leide sie, obgleich sie dies stets verneint, aber sie ist 
noch stiller geworden, als sie war. Meinen Mann will ich nicht 
mit dieser Wahrnehmung beunruhigen, aber Mutteraugen sehen 
scharf,“ schloß die Freifrau mit einem Seufzer. 
Es war klar, Frau von Praunfalk wußte nichts Gewisses 
über die seelische Verstimmung ihrer Tochter, ahnte vielleicht nicht 
einmal die Bekanntschaft derselben mit seinem Hofmarschall. Der 
Pfalzgraf beschloß daher, um nicht etwa einen Verdacht der Mutter 
zu wecken, das Thema fallen zu lassen, und begnügte sich, die 
Hoffnung einer baldigen Genesung auszusprechen. 
Die andern Gäste des Praunfalkschen Hauses waren ent— 
weder in dem Garten zerstreut, um seine geschmackvollen Anlagen 
zu bewundern, oder standen und saßen in Gruppen fröhlich 
plaudernd herum. 
Helena Elisabeth und Eleonore Felicitas jedoch hatten sich 
nicht weit vom Tische des Hausherrn niedergelassen, und bald 
gesellten sich die drei Universitätsfreunde zu ihnen. 
Junker Konrad aber versuchte, getreu feinem schwarzen Plane, 
Eindruck auf Evas Herz zu maächen. 
Nach der jüngsten Erfahrung war er nur vorsichtig ge⸗ 
worden, gab sich von seiner besten Seite und belustigte das junge 
Mädchen höchlichst durch sein munteres Geplauder.
	        
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