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Fünf Stücke gehören zum Maler: „Den Inhalt erfinden,
nach vorgedachtem Ebenmaas ausbilden, die Farbe, Licht und
Schatten beftimmen, Gemütserregung und äußere Bewegung nach
funiteigentlicher Derkürgung geben, Alles in fchöne Ordnung bringen.“
(VIII, CCLXXXVI, 160—193.)
Sehr ausführlich wird Harzdörfer über die Kunft des Wortes
in Theorie wie in Praxis, über die Dichtung. In feiner Zufchrift
an den „Mindernden“ vor der Zugabe von den XII Andachts-
Gemählen fpricht er über den „rechten Gebrauch der [öblichen
PDoeterei “.
3ch hab aus dem Gefpräch fo manches Spiel erdacht,
Dardurch man Zeit gewinnt, die fonften geht verlohren.
Kunft lernet man von Kunft: Kunft wird durch Kunft gelehret
Doch eines Dichters Sinn, darf Feinen Lehrer nicht,
es fleußt aus feiner Quell, Erfindung und Gedicht.
Nicht jeder Zeit und Ort, ift ein Poet befcheret.
Wer von dem Aöchften nicht zu diefer Kunft erkoren,
Der richt durch groffe ANüh, und Sleiß gar wenig aus;
Die Arbeit ift umfonft, die gute Zeit verlohren.
Ein folcher wird im End, reim richtig lernen fchreiben,
nach gleichen Wörter £aut, und was die Mundart weift,
bemerken; aber wo, wo bleibt der Seuergeift,
Der das Poeten Do beharrlich pflegt zu treiben? ...
Er ift mehr als ein Menfch, wann fein Gemüht erwachet
Sein Sinn fteigt Himmel an, der Blig gefchwind erreget,
was fonften die Natur führt in dem Wunderfchild,
das dolmetfcht fein Gedicht, er taufcht ihr Wefenbild,
daß fie, der RNähtfel gleich verhüllet vorgeleget. ...
Man frage nicht, warum die Dichtkunft wird verachtet,
Der Migbrauch ift zu groß, der Stimpler ift zu viel....
Der Inhalt, nicht der Reim, hat überhohen Schein.
Es defft der Seiten $lut, was du wirft eitels {chreiben. ...
Es bildet das Gedicht, was niemals ift gewefen
und auch nicht werden wird ....