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eigentlichen Wortsinn existierte zunächst nicht. Hoch »hat es auch nicht ge
mangelt am ausbündigen Medicis«, und diese trieben sogar auswärtige Praxis,
was um so wichtiger war, als es »damals in dem an unsere Universitätsstadt
angränzenden Auslande noch sehr wenige Orte gab, welche eigne gute Aerzte
hatten«. Doch eine medicinische Fakultät mit dem Rechte, Doktoren zu
promovieren, hatte Altdorf erst, als das Lyceum Noricum zu einer Univer-
sität durch die Privilegien Kaiser Ferdinands II. von 1622 gestempelt und
als solche am Peter-Paulstage des Jahres 1623 in Anwesenheit eines kaiser-
lichen Abgesandten unter Entfaltung grossen Pomps und mit rauschenden
Festlichkeiten eingeweiht worden war, Schon in den 43 Jahren ihres aka-
demischen Charakters war Altdorf von 4980 Studenten besucht worden,
‚unter welchen sowohl viele Freyherren und Edelleute aus den reichsten und
angesehensten Familien des Auslandes, als auch nicht wenige Fürstliche und
Gräfliche und andere Illustre Personen sich befanden.« Das Gymnasium hatte
neben der Akademie fortbestanden, und es wurde erst 1633, also nach Grün-
dung der Universität, in das Egidienkloster zu Nürnberg zurückverlegt, weil
die Gymnasiasten allzufrüh nach akademischen Freiheiten sich lüstern zeigten
und unter dem Beispiel der studentischen Ungebundenheit die Schulzucht litt,
Nur das Alumnat, welches, aus dem im 14. Jahrhunderte von Conrad Gross,
dem Stifter des Heiligen Geist-Spitals zu Nürnberg, begründeten Alumnat
hervorgegangen, mit den Gymnasium verbunden war, verblieb in Altdorf,
und die Alumnen wurden Studenten; sie hiessen bald »Bodenser«, weil sie
im III. Stock des Collegiengebäudes, inı Boden«, freie Wohnung sammt
Licht, Heizung, Kost und jedes dritte Jahr einem neuen Gewand inne hatten.
Der theologischen Fakultät wurde übrigens erst 1696 das Recht, Doktoren zu
promovieren, von Kaiser Leopold eingeräumt, so dass eigentlich erst von da
an eine Universitas litterarum im modernen Umfange aus Altdorf ge-
worden ist.
Die Universität Altdorf hatte ihre eigene Gerichtsbarkeit, der alle Stu-
denten und die anderen + Universitäts- Verwandten. unterstellt waren; letztere
waren der Notar, der Aktuar, der Pedell, die Sprach- und Exercitienmeister.
der Universitätsbuchdrucker sammt seinen Gesellen, der Apotheker mit seinen
Leuten, der Oekonom mit den Seinigen, die Famuli der Studenten, endlich
die Professorenwittwen mit ihren Kindern. Aber die Oberhoheit übte der
Rath von Nürnberg durch vier Pfleger oder Curatoren aus, welche das Can-
cellariat bildeten; dessen Vorsitzender führte, weil er zugleich Kirchenpfleger
war, den Titel Ephorus, Wir finden unter diesen Pflegern Nürnbergs erlauch-
teste Namen. Volckamer, Löffelholtz, Schlüsselfelder, Grundherr, Harsdörffer,
Imhof, Kress, Tucher u. a. m. Das Cancellariat erwählte die Professoren,
honorierte sie und controlierte ihre Thätigkeit; zwei Mitglieder wohnten
hamens des Raths den Doktorpromotionen bei. Eine Art Geschäftsführer des
Cancellariats war der Prokanzler, jedes Mal »einer der vordersten Raths-
Consulenten.«; er nahm an den Berathungen des Cancellariats theil, nahm die
Anmeldung der Studenten zu den Prüfungen entgegen und ertheilte den