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Der Prinz hatte nun sein sechzigstes Jahr erreicht, und er
mochte wohl glauben, daß er die Arbeit seines Lebens gethau
habe und daran denken müsse, sein Haus zu bestellen. In
solcher Stimmung schrieb er am 10. April 1857 in Koblenz
folgenden „Abschiedsgruß“ an die Seinen nieder, den später sein
Enkel. Kaiser Wilhelm II. veröffentlichen ließ.
„Im Glauben ist die Hoffnung!
Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf
ihn, er wird es wohl machen!
Herr, Dein Wille geschehe im Himmel wie auf
Erden!
Wenn diese Schrift in die Hände der Meinigen
fällt, gehöre ich zu den Abgeschiedenen!
Möchte es mir vergönnt sein in meinen letzten
Lebensstunden, meinen Geist den Händen meines Gottes
zu empfehlen!
Möchte es mir vergönnt sein, von meinen Teuren,
mich Überlebenden, Abfchied nehmen zu können!
Sollte ein jäher Tod mich ereilen, so möge das
ganze Leben eine Vorbereitung für das Jenseits ge—
wesen sein!
Möge Gott mir ein barmherziger Richter sein!
Ein viel bewegtes Leben liegt hinter mir!
Nach Gottes unerforschlicher Fügung haben Leid
und Freude in stetem Wechsel mich begleitet. Die
schweren Verhängnisse, die ich in meiner Kindheit
über das Vaterland einbrechen sah, der so frühe Ver—
lust der unvergeßlichen, teuren, geliebten Mutter er—
füllte von früh an mein Herz mit Ernst. Die Teil—
nahme an der Erhebung des Vaterlandes war der erste
Lichtpunkt für mein Leben.
Wie kann ich es meinem heißgeliebten König und
Vater genugsam danken, daß er mich teilnehmen ließ
an der Ehre und dem Ruhm des Heeres! Seiner Füh—
rung, Liebe, seiner Gnade danke ich ja alles, was er