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aber bat, sie möchten verbergen, daß er noch am Leben
sei, damit Eppelein es nicht erfahre. Vielleicht könnt' er
ihnen nützen.
Führten ihn nun mit sich nach Nurnberg, und ward
er in kurzem heimlich geheilt.
Drauf forderten sie ihn nachts vor den Rat.
Da trat er vor und sagte: „Ich hab' Euch viel
Schaden gethan. Ihr könnt' mir's aber nicht verargen!
Habt Ihr nicht verbrannt mein Volk, das in Kummer
und Angst hat müssen erwerben sein Gut und nicht hat
vergiftet einen Tropfen Wasser, da Ihr sagtet: wir
hätten vergiftet all' Euere Bronnen! Wär's doch kein
Wunder, wenn wir an Euch begingen Verbrechen, weil
Ihr uns doch haltet für Verbrecher, ob wir Euch gleich
tausendmal bewiesen unsere Unschuld?! Was histft's,
wann ich Euch geb' mein Wort, daß ich Euch will treu
sein, glaubt Ihr mir doch nicht, weil ich bin ein Jud'!
Ihr nehmt mich und gebt mir den Tod. So thut es
bald, daß ich komm' aus diesem Thal der Leiden und der
Ohnmacht zu meiner Väter Volk, das verbrannt hat
Euer Volk!“
Was willst du mit deinem Wort?“ fragte der
Bürgermeister.
Sagte Jäcklein: „Wollt Ihr mich schonen, so will
ich nicht ruh'n, bis Ihr habt den Eppelein.“
„Und was verlangst du,“ fragte der Bürgermeister,
„wenn du den Eppelein auslieferst?“
Richtete sich Jäcklein stolz auf und sagte: „Ich hab'
mich gerächt an Euch in meiner Verzweiflung, weil ver—
brannt ist worden mein Volk vor Eurer Stadt. So ich
aber Euch liefer' den Eppelein, thu' ich's nicht, daß Ihr
mir gebt Geld, und thu' ich's nicht, daß ich kühl' meine
Rache an ihm, sondern thu' ich's, weil ich will dienen
als Gottes Werkzeug, zu vertilgen den Mann, der der
ganzen Welt thut Schaden, verachtet alle Gebot', und
hat gehetzt an Euerem Volk! Also hat er auf seiner
Seel' die Seelen von meinen Brüdern, die sind verbrannt
worden.“
„Und an uns wirst du dich nicht weiter rächen?“
fragte jener.