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wohnte in einem Haufe gegenüber und hatte die Ge:
wohnheit, alle bei Hans Sachs aus= und eingehenden
Perfonen zu beobachten und dann zu horden, was
der oder jener gewollt habe, Faft täglich kam er herz
über, obfhon ihn niemand gern hatte, weder Eltern
noch Kinder. Sein finfteres, hHeimtücdifhes Wefen
und fein grobes, Benehmen war allen zuwider, Dem
ungeachtet bemühte man fi, ihm ftet8 freundlih zu
begegnen, und da er in dürftigen Umftänden war, fo
wurde er von Hans Sachs und feiner Chefrau reich:
lich unterftüßt. Aber er war ewig unzufrieden: was
er gefhenft erhielt, däuchte ihn zu wenig und felten
mar’8 ihm gut genug. Auch heut war fein Befuch
der Hausfrau unwilfommen, wiewohl er der Sohn
ihres verftorbenen Bruders war, Dodh ließ fie nichts
merfen und ermwiderte freundlid feinen brummigen
Sruß. Er hatte jih am Tifche niedergefeßt und blidte
finfter um fich.
„Gedulde dih ein Weildhen, Heinrich,“ fagte Frau
Kunigunde, „dr Kannft mit ung zu abend effen, wenn
dir’s recht it.“
Er fchwieg verftoct. Endlich fing er an: „Bei
end) wird doch die Herrlichkeit immer größer. Alfo
Zunftvorfteher ift euer Mann geftern abend geworden,
wird fidh was drauf einbilden! E83 Hat mich das
recht gewundert, da doch viel ältere Meifter bei der
Innung find.“